Samstag, 24. November 2018

aus gegebenem Anlass: Einflussnahme auf Presse


Aus dem Sonderarchiv Moskau (Militärarchiv) stammt ein Schreiben Friedrich Christians an seinen Rechtsanwalt Dr. Ganske (dessen Rechnungen Wolrad bezahlte und der Friedrich Christian im Rahmen der “Fideikommissauflösung” vertrat). Der Brief ist sehr aufschlussreich. Dabei geht es in erster Linie darum, die von Friedrich Christian in die NSDAP getätigten “Investitionen” abzusichern oder zurückzuerlangen. Die Investitionen erfolgten primär im Bereich der Propaganda. Hier einige Auszüge:

“Berlin, den 15.6.1939.
Sehr verehrter Parteigenosse Dr. Ganske !
Ich möchte Ihnen daher in grossen Zügen ein Bild jener Jahre entwerfen, in denen ich mein Vermögen unserer Partei gab und meine politische Arbeit in ein entscheidendes Stadium kam...

Ich kam aus Niedersachsen, kannte zwar die Sozialdemokratie, hatte die Abdankung meines Bruders, die Flucht, die rote Herrschaft, die Verschacherung meiner geliebten Heimat, manche blutige Versammlungsschlacht und dergleichen mehr erlebt...

1928 hatte ich den Führer selbst um Aufnahme in die Partei gebeten...Ende 1928 kam ich durch einen Vergleich in den Besitz eines Teiles meiner väterlichen Erbschaft...Ich war mit einem Mal ein reicher Mann. Die Freude darüber wollte sich aber nicht vereinbaren lassen mit dem Bewusstsein der Not, die um mich herum war- und so hatte ich nur einen Wunsch, nämlich dieses Geld gegen jene Not einzusetzen. Ich wusste, dass unter meinen Parteigenossen nur sehr wenige waren, die einen Tausendmarkschein besassen und ich besass 500.000 RM ! Ich wusste, dass diese Tatsache für meine Partei von ganz entscheidender Bedeutung würde sein können....mit diesem grossen Kapital aber bist du ganz bestimmt von entscheidender Bedeutung für die Partei. Tatsächlich hat sich ja im Laufe der letzten neun Jahre herausgestellt, dass ich durch den Einsatz meiner Person sehr viel erreichte-der Einsatz meines Kapitals aber blieb trotz seiner wirklich ungeheuren Auswirkungen gänzlich unberücksichtigt (wenigstens bei jenen Parteigenossen, auf die es ankommt). Heute wird vielfach, namentlich in Kreisen reaktionärer Verwandtschaft der Vorwurf der Leichtfertigkeit gegen mich erhoben. Man wirft mir vor, dass ich mir damals keine Sicherheiten verschafft hätte und dass ich keine umfassenden Verträge tätigte bevor ich mein Geld “solch unsicheren Kantonisten” gab. Wer die damaligen Zeiten
Seite 90
Vier Prinzen zu Schaumburg-Lippe und das parallele Unrechtssystem
wirklich erlebt hat, der weiss, wie unmöglich es für uns war, etwas derartiges niederzulegen. Das Verhältnis zwischen den Parteigenossen damals war nicht durch Paragraphen, sondern durch Treu und Glauben bedingt....Schliesslich setzten wir alle ja auch noch mehr als unser Vermögen, nämlich unser Leben, ein und auch darüber schlossen wir keine Versicherung ab. Ich stammte aus einer der reichsten Familien Deutschlands.
...Für mich war der Gedanke, dass ein vom Führer als Gauleiter eingesetzter Mann auch nur im mindesten in Geldangelegenheiten würde unkorrekt sein können, völlig indiskutabel. Ich kannte aber Dr. R. Ley nur in seiner Eigenschaft als Gauleiter des Gaues Köln-Koblenz-Trier der NSDAP. Adolf Hitler kannte ich schon seit 1928 persönlich. Ich war des öfteren in München, Schellingstrasse, bei ihm gewesen-....Ley war für mich nie etwas anderes als der Vertrauensmann Hitlers in diesem Gaugebiet. Nur deshalb habe ich ihn überhaupt kennengelernt. Ich habe seinerzeit an Rudolf Hess, mit dem ich zu tun hatte, geschrieben, dass ich es als peinlich und unrichtig empfinde, Ley nicht zu kennen, obwohl er der zuständige Gauleiter sei. Durch Vermittlung von Hess habe ich ihn kennengelernt.

Eines Tages dann war ich mit Dr. Ley auf Versammlungstournee im Bergischen Land....Schliesslich erzählte ich ihm von meinem Geld, welches ich ja aus der väterlichen Erbschaft hatte. Und da kam Ley dann mit folgendem Vorschlag heraus: wir beide machen zusammen eine Presse -wir kaufen Druckereien- wir gründen Zeitungen. Sie (ich) finanzieren die ganze Sache und ich (Ley) trage auch etwas dazu bei.Wir fangen sofort an. Unser Propagandaapparat ist die Partei. Die Zeitungen sind die Zeitungen der Partei. Wir müssen aber alles als Privatunternehmen tarnen. Zu diesem Zwecke gründen wir Gesellschaften. Und zwar mehrere Gesellschaften, damit-wenn das System zufasst- nicht alles, sondern höchstens ein Teil brachliegt. Wenn man uns die Druckereimaschinen plombiert -dann können wir unsere Zeitungen vorübergehend in einer anderen Druckerei drucken lassen. Beschlagnahmt man uns unsere Zeitungen,- dann drucken wir unter irgendeinem neuen Namen in unseren Druckereien neue Zeitungen.- So wurde der grosse Plan während jener Nacht weiter und weiter entwickelt.....
...Ley: Machen Sie doch mit...wir brauchen eine solche Presse dringendst, unser ganzer Aufstieg hängt davon ab,-ich bin doch der Gauleiter, wenn ich Ihnen das versichere, dann können Sie (ich) ganz beruhigt sein-es ist doch, nicht als ob Sie mit Ihrem Vermögen in irgendein Industrieunternehmen einsteigen, welches morgen konkurs machen könnte - Sie helfen uns zur Macht und wenn wir einmal soweit sind, dann sind sie derjenigem dem wir das verdanken, dann sind Ihre Zeitungen die massgeblichen, dann zahlt sich alles hundertmal aus, dann werden Sie rasend daran verdienen....
Wenige Tage darauf gründeten Dr. Ley und ich beim Notar Baum in Godesberg die erste Gesellschaft. Ich zahlte 15.000 RM ein. Ley war Geschäftsführer. Sie hiess Westdeutscher Kampfverlag und hat meines Wissens nie etwas getan. Rechnung hat der Geschäftsführer nie gelegt. Gelöscht ist sie m.W. nie worden.Warum er sich für diese Gesellschaft gar nicht interessierte, ist mir völlig unverständlich.
Kurz danach gründeten wir drei neue Gesellschaften, und zwar bei Notar Quinke in Köln, einem Freunde Ley ́s. Es waren dies: 1. “Der Westmark Verlag G.m.b.H. 2. die Tilgengraben G.m.b.H. und 3. die Lohn und Akcidenzdruckerei G.m.b.H. Die erste hatte die Zeitungen, die zweite die Häuser usw. und die dritte - wie der Name sagt - alles, was unter Lohndruck und Akcidenz zu verstehen ist. Als nun die grossen Druckereien in Köln später startete, da gründeten wir zusammen mit der Familie Dietrich noch die Dietrich G.m.b.H., der Maschinen in Köln gehörten.
11. Friedrich Christian 91
Zunächst ging es in Koblenz los....Dort brachten wir unsere Zeitungen: Koblenzer Nationalblatt, Trier Nationalblatt, Westmacht in Idar/Oberstein heraus. Die beiden ersten bestehen heute noch als parteiamtliche Gauzeitungen mit grossem Erfolg.- In Köln bestand damals schon der Westdeutsche Beobachter als Wochenzeitung. Auf ständiges Drängen Ley ́s und des heutigen Gauleiters Grohe ermöglichte ich später den Ausbau des WB zur Tageszeitung. Das war erst möglich, nachdem ich die grossen Gebäude Köln Tilgengraben 2/4 gekauft und eine Druckerei eingebaut hatte. Ausserderm gehörte zu unserem Konzern die “Westmacht in Aachen” und “Der Oberbergische Bote” in Waldbröhl. In Waldbröhl hatten wir auch Druckereimaschinen.Waldbröhl war zu Anfang am rentabelsten.
...Von Woche zu Woche kosteten diese Unternehmungen immer mehr Geld....Ley kam dann in letzter Stunde angefahren, manchmal sogar mit Grohe, Marrenbach oder seinem Finanzberater Simon und beschwor mich, Geld herauszurücken. Da er mir immer wieder eine Rentabilitätsrechunugen aufgestellt hatte, die für die Zukunft ganz rosig aussah-diese Zukunft-einmal zur Gegenwart geworden-dann aber immer ganz anders aussah, wurde ich mehr und mehr skeptisch. Und wenn ich damals überhaupt weiter durchhielt, so eigentlich nur aus zwei Gründen:
1.Ley war für mich Gauleiter, der Vertreter und Bevollmächtigte des Führers und er sprach für die Partei.
2.Als Redner erlebte ich Abend für Abend den Glauben, die Begeisterung, den Einsatz und die Opferfähigkeit der Masse, wie konnte ich da zögern ?
..Ley ging sogar soweit, mir für weitere 20.000,- eine Kandidatur an sicherer Stelle für den preussischen Landtag anzubieten. Ständig malte er mir immmer von Neuem die Rentabilität der Unternehmungen aus, den Dank der Partei unterstrich er immer mehr - er konnte gar nicht genug sagen, wie sehr ich der Partei in entscheidenster Zeit geholfen habe. Nicht nur Dr. Ley sagte das damals, nein auch Grohe, der heutige Gauleiter, Simon, der Vater des heutigen Stabsleiters, Marrenbach, der heutige Stabsleiter der Arbeitsfront, Simon/Koblenz, der heutige Gauleiter Koblenz-Trier und viele andere.
...Ich war als der Geldgeber der NSDAP bei den Gegnern ganz besonders verhasst...Alle Augenblicke versuchte man mich zu überfallen, schnitt mir meine Autoreifen kaputt, sägte mir die Steuerung des Wagens an, schüttete Zucker ins Benzin, schmuggelte einen KPD Funktionär als Fahrer bei mir ein und dergleichen mehr. Einmal schoss man mir um ein Handbreit am Kopf vorbei, ein anderes mal nahm man mein Haus unter Feuer usw.
... Jeder hätte mich damals einen Idioten gescholten, dem ich erzählt haben würde, dass ich 6 Jahre nach unserer Machtergreifung noch Schwierigleiten haben würde, mein damals der Partei geliehendes Geld wirderzubekommen-dem ich erzählt haben würde, dass ich im Jahre 1939 weder MdR noch Staatsrat noch Gruppenführer noch sonst irgendetwas sein würde, sondern einer von unzähligen Oberregierungsräten und Sturmbannführer.Andere haben ein einziges Mal wenige tausend Mark oder noch nicht einmal das gegeben, haben nicht einmal seit 1932 sich wirklich eingesetzt, haben nicht über 2000 Versammlungen abgehalten und sich nach Strich und Faden terrorisieren lassen, gehören nicht der Alten Garde an usw.- und “müssen alle Augenblicke berücksichtigt werden, weil die Partei ihnen soviel verdankt”.-
...
Ich will nur das zurück, was ich geliehen hatte. Aber das muss man mir geben.
92
Vier Prinzen zu Schaumburg-Lippe und das parallele Unrechtssystem
...Ich kann mit Stolz behaupten, seit 10 Jahren einer der erfolgreichsten Redner Adolf Hitlers zu sein...Wenn sonst niemand durchgreift, dann bleibt nur wiederum der Weg zum Führer.Vor der Machtergreifung, wenn uns das Wasser am Hals stand, bin ich manchesmal deswegen bei ihm in München gewesen. Damals hatte er kein Geld zu helfen. Heute wird er bestimmt helfen. Er hat ja schon einmal in meinem Fall gesagt, dass mir geholfen werden soll !
Mit Heil Hitler!
Ihr
Gez. Friedrich Christian Prinz zu Schaumburg-Lippe”



Ohne Kommentar

24 November 2018

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen