Donnerstag, 18. Januar 2018

Das HAC und die Ausführungen von Frau Dr. Lynn Rother in ihrem Buch Kunst durch Kredit



Auf Seite 45 führt Frau Dr. Lynn Rother aus:

"Einen ebenfalls aristokratischen Hintergrund  aber ohne ein zwischenzeitlich erfolgtes Spekulationsgeschäft - hatte das Kreditengagement Bückeburg. Der Fürstlichen Hofkammer Bückeburg wurden mit den Kunstverkäufen an das Land Preussen 170.000 Reichsmark, also rund 2, 3 Prozent von dem Gesamtkaufpreis, verrechnet. Die Gesamtverwaltung des Fürstenhauses Schaumburg-Lippe hatte vor 1932 Kredite in Höhe von mehreren Millionen Reichsmark in Anspruch genommen, die aber im Gegensatz zu den anderen skizzierten Engagements nicht mit Kunstwerken, sondern ausschliesslich mit Grundschulden und Effekten besichert waren. (118). Noch 1933 war die Bank bestrebt, das Kreditengagement durch Grundstücksverkäufe und Realisierung der Wertpapiere zu verringern und fürchtete angesichts der Vermögenssituation ihres Schuldners keine Verluste. Die Hoffnung der Hofkammer Bückeburg, ein weiteres Darlehen in Höhe von 300.000 Reichsmark von der Dresdner Bank zu erhalten, hatte die Übernahme von einigen Kunstwerken aus der Fürstlichen Sammlung durch das Land Preussen begründet.

Fussnote 118:

Protokoll über die Vorstandssitzung am 7.10.1932 (Nr. 137), in: HAC-500/1.3823-2000 und Tagesordnung und Aktennotizen fúr die Ausschuss-Sitzung am  10.1.1933, in HAC-500/11003-2001. Krahn gelangte durch das Sichten der Akten im Zentralarchiv des Staatlichen Museen zu Berlin zu der falschen Einschätzung, dass die Objekte Pfandbesitz der Dresdner Bank waren (Krahn 2008, S. 133). Die Bank war aber dennoch daran interessiert, die Verkaufserlöse für die Kunstwerke mit den bestehenden Schulden zu verrechnen (Vgl.: Robert Schmidt an Finanzminister, 5.4.1935, Bl. 97-98, in GSTA-PK, 1 HA, Rep. 151, HB, Nr. 1234. "

Kommentar

In diesen Ausführungen finden sich aus meiner Sicht viele Hinweise die sich für eine tiefergehende Untersuchung eignen:

1. Kreditengagement Bückeburg war nicht spekulativ
2. Kreditnehmerin soll Fürstliche Hofkammer gewesen sein (Fürstliche Hofkammer hatte keine Rechtspersönlichkeit)
3. Fürstliche Hofkammer konnte weder Effekten noch Grundstücke zur Sicherung eines Kredites belasten. Sie war nicht Eigentümerin von Grundbesitz. Wer war Kreditnehmer und Sicherungsgeber ? Wenn es ein Kreditgeschäft gab, dann Adolf Fürst zu Schaumburg-Lippe





Und Kreditgeber war Proehls& Gutmann in Amsterdam

4. Bank war bestrebt Engagement zu verringern. Heisst dies, dass die Bank an einer Ablösung der Kredite interessiert war, obwohl es keine Risiken gab ? Aus welchem Grund ? 
5. Hoffnung der Hofkammer (wer ist die Hofkammer ?) einen Kredit über 300.000 Reichsmark zu bekommen soll zur Übernahme von Kunstwerken geführt haben. 

Hinter Punkt 5 könnte die crux liegen.

Forderungsinhaber war nicht die Dresdner Bank, sondern Proehls & Gutmann

Wieso verlangt sie bei einem Schuldner der Millionen Kredite bedient, wegen 300.000 Reichsmark die represäntativste Kunst ? Die Kunst war nicht gepfändet. Grundstücke gab es viele die hätten belastet werden können.

Wenn die Kunst kein Pfandgut war, dann drängt sich eine wichtige Frage auf: 
Was steckte hinter der Weggabe der besonderen Kunstgegenstände ?

Hier muss tiefgehender  untersucht werden. Vor allem, wenn das Geheime Staatspolizeiamt gegen Adolf Fürst zu Schaumburg-Lippe im Juli 1934 wegen Devisenvergehen ermittelte und der jüngere  Bruder Friedrich Christian  Adjutant von Goebbels war.



Adolf  Fürst zu Schaumburg-Lippe taucht in den Akten namentlich nicht auf.

In der Akte Kaufvertrag zwischen dem Land Preussen und der Dresdner Bank, Berlin, über den Kauf von Kunstgegenstäden 1934 - 1938 des Preussischen Finanzministeriums (GStA I. HA Rep.151 HB Nr. 1234) fällt sein Name kein einziges Mal. War er unbeteiligt ? Sollte er nichts erfahren, er der im Exil lebte  ? Wurden Kopien angefertigt der Bronzestatuen, der Ziesenis Porträts damit er nichts mitbekommt ?

Ein weiterer Effekt ergab sich aus der "Verkaufsaktion". Der Ruf des Fürsten Adolf gegen den das Gestapa ermittelte wurde weiter erodiert.

Heinrich Mann schrieb in der Tageszeitung "Die Schaumburg":

"Fürst Adolf erhalte, was Deine Väter schufen, erwirb es, um es zu besitzen. Was einem Grafen Wilhelm heilig war, hat einem Fürsten im Jahre 1935 grösstes Heiligtum zu sein. Fürst Adolf, werde hart !"

Und was hatte Wolrad Prinz zu Schaumburg Lippe in der Beilage vom Hannoverschen Kurier vom 24.8.1933 geschrieben ?

"Wenn unseres Führers Wille und Graf Wilhelm´s Geist sich vereinen, wird das neue Deutschland eine höchst unerschütterliche Unterstützung gefunden haben."




Und Heinrich Manns legte  am 29.10.1935) unter dem Titel "Graf Wilhelm oder Nathan der Weise" nach:

"der Deutsche ... sich nicht von dem (trennt), was ihm heilig, was mit seiner Heimat und seiner Geschichte verwachsen ist. Wer das tut, beweist damit, dass der jüdisch-liberalistische Geist der Zerstörung und Vernichtung Herrscher über ihn und die Richtschnur seines Handelns ist... Wir bekennen uns nicht zu dem Geist eines Nathan des Weisen. Wir bekennen uns zur heldischen Gesinnung unseres Grafen Wilhelm. Den wir den Grossen nennen wollen".  

Wer mit Nathan der Weise gemeint ist wird klar: Henry Nathan von der Dresdner Bank und  Valentin Graf Henckel von Donnersmarck


Und jetzt kommt die entscheidende Frage:

Wieso hat angeblich Nathan (der Weise) die Kunst "verkauft" ?

Fürst Adolf war es nicht, er war ausser Landes.

Welche ist die causa ? Die Commerzbank weiss es genau.

2009 verweigerte das HAC Einsichtnahme in die Akten. 

HAC ist das Historische Archiv der Commerzbank.

2018 verweigert es weiterhin Akteneinsicht.

Bestimmten Miterben von Adolf Fürst zu Schaumburg-Lippe wird das Bankgeheimnis entgegengehalten.


update 18.2.2018


Schade dass Frau Dr. Lynn Rother die Liste 10 der Objekte aus Bückeburg nicht transkribiert hat. Immerhin sollen es 59 Objekte sein. Habe beim Geheimen Staatsarchiv in Berlin die Kaufakte angefordert, vielleicht liegt Liste 10 vor, die ich dann hier transkribieren werde.


update 26.2.2018


Angebot liegt nicht in der Akte.  59 Objekte sind nicht auf der Liste.

hier die Liste 10



Enttäuschend, dass Frau Dr. Rother auf meine Bitte, mir mitzuteilen, welches Kausalgeschäft dem schaumburger "Verkauf" zugrundelag, nicht reagiert hat. Zugang zum HAC hat sie gehabt (siehe sehr zahlreiche Quellenangaben aus dem HAC). Vielleicht musste sie eine Verschwiegenheitsverpflichtung beim HAC unterschreiben. Dass sie es wissen muss, ergibt sich daraus, dass sie behauptet, die Objekte seien kein Pfandgut gewesen. Woher weiss sie das ?

Auf Seite 94 ihres Buches schreibt sie:

Kultusministerium und Museumsdirektoren "wussten demnach, dass die Kunstwerke in diesem Bankengagement eben kein Pfandbesitz waren, kommunizierten es aber als solchen gegenüber dem Niedersächsischen Heimatschutz."

Seite 101: "Da das zugrundeliegende Angebot der Gesamtverwaltung des Hauses Schaumburg-Lippe vom 26 Juni 1935 an die Dresdner Bank nur erwähnt, aber nicht erhalten ist, lässt sich nicht rekonstruieren, wie es zu dieser Unstimmigkeit über die Verkaufsbedingungen kam" (vgl Hofkammer Bückeburg an Dresdner Bank, 15.8.1935, Bl. 2 in: SMB-ZA, I/GG 339).

Seite 289: "Die Objekte aus dem Engagement Bückeburg waren den Museen bekannt als sie im Sommer 1934 in das Angebot von der Dresdner Bank mündeten. Denn insbesondere die beiden Museumsdirektoren Schmidt und Koetschau waren im Frühjahr eigens nach Bückeburg gereist, um in Abstimmung mit der Fürstlichen Hofkammer geeignete Objekt selbst auszuwählen".


Kommentar:

Kunstwerke waren kein Pfandbesitz
Bückeburg soll Angebot zum Verkauf abgegeben haben. Angebot nicht auffindbar.
Im Juni 1934 wurde gegen Adolf Fürst zu Schaumburg-Lippe wegen Devisenvergehen ermittelt.
Im Sommer 1934 spazieren Berliner Museumsdirektoren in Bückeburg herum.
Adolf Fürst zu Schaumburg Lippe lebte 1934 in Italien.

Wie sich aus Dr. Rothers Untersuchung ergibt gab es insgesamt 59 Positionen die angeboten wurden, darunter zwei weitere kleinere Bronzefiguren von Vries, Adam und Eva.

Passend zu diesen Zusammenhängen:

Vorwort aus dem Katalog "Verzeichnis der Neuerwerbungen seit 1933" (1936):

"Die wirtschaftliche Auflösung der letzten Jahre vor der Machtergreifung brachte auch einen grossen Teil der in Deutschland gebildeten Sammlungen in eine Bewegung, deren Ende nur ihre unrühmliche Abwanderung ins Ausland sein konnte....Trotz der Opfer, die der Wiederaufbau und die Befreiung Deutschlands fordern, hat die nationalsozialistische Regierung Preussens auch hier sofort wirksam eingegriffen. .... wurde der grösste Teil dieser heimatlos gewordenen Kunstwerke für die Berliner Museen und damit für Deutschland gerettet".

Seite 271 des Buches von Frau Dr. Rother:
Waren Kunstwerke nicht in dem Verzeichnis der national wertvollen Kunstwerke eingetragen konnten sie als Umzugsgut deklariert werden, mussten zwar dem Zoll gegenüber 
Seite 272
angegeben werden, aber erst ab 1936 bestand mit der Sicherungsanordnung eine gesetzliche Handhabe bei Verdacht auf Devisenschmuggel.

Ich tippe auf verdeckte Beschlagnahmeaktion.


Telefonnotiz im Büro des Reichsstatthalters Alfred Meyer 1936
StA Detmold L 76 Nr. 179

Teilweise schwer lesbar:

1928 Adelsgesetz                        Eröffnen                     R 232
                                                    11.4.

Artikel in der Schaumburg
Geburtstag  .....notiz     18.4.91
Testament (Notar  Prinz)
Prinz Wolrad: Prinz Fr. Christian inhibiert Beerdigung, da Frau nicht arisch
Rat: möglichst Wolrad u. Henckel
kein Zweifel dass .... arisch
Bruder der Fürstin ist Mitglied der Reichskunstkammer
Beerdigung am Sonntag oder Montag
.... soll dabei sein ?
Innenminister soll schnell antworten. Mit .... Prinz Statthalter u. Führer Fühlung aufgenommen.

Sonntag nachmittag, Statthalter auch teilnehmen: ...Beisetzung 




















1934 soll das Gemälde von Tiepolo, welches heute im Thyssen Bornemisza Museum in Madrid hängt an die sammlung Rohoncz verkauft worden sein.

Tiepolo, Tod des Hyacinth

https://www.museothyssen.org/exposiciones/restauracion-estudio-tecnico-muerte-jacinto-tiepolo
update 26.2.2018

Dass es kein Pfandgut war ergibt sich aus folgenden Auszügen aus der Akte des Preussichen Finanzministeriums Akte "Kaufvertrag zwischen dem Land Preussen und der Dresdner Bank, Berlin, über den Kauf von Kunstgegenständen 1934 - 1938" des Preussischen Finanzministeriums (GStA I. HA Rep.151 HB Nr. 1234) 









update 19.12.2018

Aus der Grundakte des palais Schaumburg in Bonn:



Dresdner Bank soll 1934 der KG Proehl & Gutmann in Amsterdam 2, 982 Mio RM zum Ausgleichs des dort von der Hofkammer geführten Kontos gezahlt haben. Mit anderen Worten: die Hofkammer (die keinerlei Rechtspersönlichkeit hat) soll Proehl und Gutmann knapp 3 Mio RM geschuldet haben.
Die Grundschulden sollen auf die Dresdner Bank umgeschrieben worden sein.

Erstens.- Lasteten die Grundschulden auf Grundstücken Adolfs, nicht der Hofkammer, unter anderen auf dem Palais Schaumburg in Bonn.





Es sieht so aus, dass das Gestapa Adolf Fürst zu Schaumburg-Lippe ins Visier nahm, weil er einem jüdischen Banker in Amsterdam Geld schuldete.

Dresdner Bank nahm dem Banker den Kreidt ab übernahm die Sicherheiten und stellte Forderungen gegen Adolf Fürst zu Schaumburg-Lippe auf.


Zu Proehl & Gutmann
Friedrich Bernhard Eugen "Fritz" Gutmann (15.11.1886-13.4.1944) war ein holländischer Banker und Kunstsammler. Sein Vater Eugen Gutmann hatte 1872 die Dresdner Bank gegründet. 

Adolf Fürst zu Schaumburg-Lippe hatte 1926 von Proehl & Gutmann ein Darlehen erhalten zu dessen Sicherung das Palais Schaumburg in Bonn belastet wurde. 
In meinem zweiten Buch Vier Prinzen zu Schaumburg Lippe, Kammler und Behr habe ich ausführlich darüber geschrieben, dass Adolf Geschäftsbeziehungen zu jüdischen Bankern unterhielt.

Karl Haberstock kaufte die Kunstsammlung Gutmann.

Friedrich Bernhard Gutmann wurde im April 1944 in Theresienstadt zu Tode geprügelt. Seine Frau Louise starb im October 1944 in Auschwitz. 


1934 ermittelte das Gestapa gegen Adolf Fürst zu Schaumburg-Lippe, es wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Devisenvergehen eingeleitet. Die Forderungen von Proehl & Gutmann Amsterdam wurden 1934 an die Dresdner Bank "abgetreten". Die Verbindlichkeiten betrugen 500.000 Goldmark zu zahlen an Proehl & Gutman mit Sitz in Amsterdam. Zahlungen ins Ausland an einen jüdischen Banker wurden kriminalisiert. 


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