Mittwoch, 3. Januar 2018

Bescheid des LARoV der im Lichte der aufgetauchten Urkunden neu zu lesen ist

Nachstehender Bescheid, den das Verwaltungsgericht Greifswald Jahre später aufhob ist sehr lesenswert, um so mehr nach Auftauchen der Urkunden aus dem ehemaligen Bestand des Präsidenten der sogenannten "Hofkammer".





Wegen Ausgleichsleistung nach dem Gesetz über staatliche Ausgleichsleístungen für Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage, die nicht mehr rückgängig gmacht werden können (AusgeichsIeistungsgesetz — AusglLeistG).
ergeht folgender

BESCHEID:


1. Der Antrag auf Ausgleichsleistung für die im Zuge der Bodenreform enteigneten Güter Vietgest, Nienhagen mít Hütte und Schwiggerow, Reinshagen, Boldebuck mit Mühlengeez, Langhagen-See sowie Krümmel mit Troja und Ichliem wird abgelehnt.

 2. Das Verwaltungsverfahren ist kostenfrei. Auslagen werden. nicht erstattet.

Gründe:
I.

Mit Schreiben vom 12.05.1995 beantragte Philipp-Ernst Prinz zu Schaumburg-Lippe die Zahlung einer Ausgleichsleistung nach dem Entschädigungs- und Ausgleíchsleistungsgesetz vom 01.12.1994 für die im Zuge der sogenannten Bodenreform entschädigungslos enteigneten Iandwirtschaftlichen Güter in Vietgest (1.078 ha), Nienhagen (904 ha) mit Hütte Nienhagen und Schwiggerow (710 ha) sowie Reinshagen (490 ha), Boldebuck (1.076 ha) mit Mühlengeez (260 ha), den Langhagen-See, und Krümmel mit Troja und Ichliem (1.055 ha).

Mit einem weiteren Schreiben vom 12.05.1995, gerichtet an das damalíge Amt zur Regelung offener Vermögensfragen Güstrow, beantragte Philipp-Ernst Prinz zu Schaumburg-Lippe die Rückgabe der beweglichen Gegenstände, insbesondere die GemäIde aus dem landwirtschaftlichen Gut Vietgest entsprechend der ,,Zusammenstellung der GemäIde, die in Vietgest verblieben sind”. Ferner beantragte er Entschädigung für Kapitalanteile und geldwerte Ansprüche, ínsbesondere der Aktien und Anteile gemäss Anmeldung bei der damaligen Treuhandanstalt vom 22.08.1990.

Gegenstand dieser Entscheidung sind díe in Mecklenburg belegenen Güter. Der Antrag auf Ausgleichsleistung für das in Brandenburg belegen Gut Muggendorf in Sewekow wird vom LARoV Brandenburg bearbeitet.

Philipp-Ernst Prinz zu Schaumburg-Lippe leitete seine Rechte von seinem Vater Ernst Wolrad Prinz zu Schaumburg-Lippe ab. Sein Vater verstarb am 15.06.1962 und wurde von Philipp-Ernst Prinz zu Schaumburg-Lippe ausweislich der Zweiten Ausfertigung des Erbscheins des Amtsgerichtes Stadthagen vom 02.01.1997 — 10 VI 506/96 - allein beerbt. Der Erbschein weist aus, dass sowoht Nacherbfolge und weítere Nacherbfolge als auch Testamentsvollstreckung angeordnet sind. Philipp-Ernst Prinz zu Schaumburg-Lippe ist zwischenzeitlich verstorben. Folglich wird Wolrad Prinz zu Schaumburg Lippe aufgrund des Erbscheines des Amtsgerichtes Stadthagen vom 03.03.2005 (10 VI 506/96) nunmehr beerbt von Alexander Fürst zu Schaumburg-Lippe als Nacherben. Weitere Nacherbfolge und Testmentsvotlstreckung ist angeordnet.

Dem Antrag Iíegt folgender Sachstand zugrunde:

Fürst Adolf zu Schaumburg-Lippe wurde 1911 nach dem Tode seines Vaters Fürst Georg Eigentümer diverser in Mecklenburg belegener Lehensgüter. Am 07.09.1911 wurde ein Hausgesetz erlassen. Danach soilte das Hausgut für alle Zeíten im Mannesstamm nach den Regeln der Erstgeburt und der Linealfolge vererbt werden. Zum Hausgut sollten alle Begüterungen u.a. auch die in Mecklenburg zu rechnen sein. Mit dem Hausgesetz vom 08.12.1923 sollte das Hausvermögen dem Fürstlichen Haus Schaumburg-Lippe, einer rechtsfähigen juristischen Person, zustehen. 1936 verstarb Fürst Adolf. Gesetzliche Erben waren seine Brüder, die Prinzen Wolrad, Stephan, Friedrich Christian und Heinrich (der Vater von Frau D H, die von ihrem Sohn, Herrn Rechtsanwalt vom Hofe, vertreten wird) sowie die Kinder seiner 1933 vorverstorbenen Schwester. Bereits zu Lebzeiten von Fürst AdoIf war streitig, ob die in Mecklenburg belegenen Güter im Jahre 1923 Privatvermbgen des Fürsten Adolf geblieben oder Eigentum des Fürstlichen Hauses Schaumburg-Lippe geworden waren. Für den Fall, dass die Güter Eigentum des Fürstlichen Hauses Schaumburg-Lippe geworden waren, wäre Worad Prinz zu Schaumburg-Lippe als ältester männIicher Nachfahre 1939 im Zuge der AufIösung des Fürstlichen Hauses Schaumburg-Lippe Alleineigentümer geworden. Der AntragsteIler macht daher sínngemäss geltend, sein Grossvater Wolrad Prinz zu Schaumburg-Lippe habe im Zuge der Fideikommiss-auflösungsgesetzgebung das Eigentum an den beantragten Gütern erworben.

Aus den Eintragungen in den Grundbüchern ergibt sích hierzu folgendes:

Krümmel (Kreís Waren):

Am 16.11.1942 im Grundbuch als Eigentümer eingetragen auf Anweisung des Vorsitzenden des Fideikomrnissenates beim OLG Celle vom 27.10.1942: Wolrad Prinz zu Schaumburg Lippe.

Nienhagen (Kreis Güstrow)

Aufgrund des Folgezeugnisses des Fideikommissenates beim OLG Cetie vom 17.06.1940 eingetragen heute (ohne Datum) ats Eigentümer: Wolrad Prinz zu Schaumburg-Lippe.
Boldebuck (Kreis Güstrow)

Aufgrund der Anweisung des Vorsitzenden des Fideikommissenates beim OLG Celle vom 27.10.1942 eingetragen als Eigentümer am 30.11.1942: Wolrad Prinz zu Schaumburg-Lippe.
Mühlengeez (Kreis Güstrow)

Auf Anweisung des Vorsitzenden des Fideikommissenates beim OLG Celle vom 27.10.1942 eingetragen als Eigentümer am 30.11.1942: Wolrad Prinz zu Schaumburg-Lippe.

Reinshagen (Kreis Güstrow)

Auf Anweisung des Vorsitzenden des Fideikommissenates beim OLG Celle vom 27.10.1942 eingetragen als Eigentümer am 30.11.1942: Wolrad Prinz zu Schaumburg-Lippe.

Nach den Erkenntnissen das Landesamtes wurde der am 05.01.1940 aufgrund eines Vergleiches ergangene Beschluss des 9. Fideikommissenates beim OLG Cefle mit der sofortigen Beschwerde angefochten (Mitteilung des Obersten Fideikommissgerichtes vom 14.08.1943). Der Beschwerdevorgang war durch Feindeinwirkung in Verlust geraten; wegen aussichtsreicher Vergleichsverhandlungen der Beteiligten war von einer Wiederherstllung des Vorgangs zunächst abgesehen worden (Mittellung des Präsidenten des Obersten Fideikommissgerichtes vom 16.08.1944).  Im Ergebnis einigten sich die Prinzen Stephan, Friedrich Christian und Heinrich erst am 04.06.1951 mit Prinz Wolrad, also erst nach der Enteignung der Güter in Mecklenburg durch die Bodenreform des ]ahres 1945.

Es waren also Ermittlungen zu der Frage erforderlich, ob sachenrechtlich das Fürstliche Haus Schaumburg-Lippe, dem das Hausvermögen im ]ahre 1923 übertragen worden sein sollte, Voreigentümer der verfahrensgegenstädlichen Güter in Mecklenburg vor 1945 geworden war. Diese Ermittlungen hierzu ergaben fogendes:

Die Vermögenswerte (Lehngüter) im damaligen Grossherzogtum Mecklenburg Schwerin gehörten einst Fürst Georg zu Schaumburg-Lippe, der am 29.04.1911 verstorben war. Die Güter Reinshagen (Lehn), Gülzow (Lehn), Wilhelminenhof (Lehn), Boldebuck (Lehn), Kies-Mühlengeez (Lehn), Baumgarten (Lehn), Krümmel nebst Troja und IchIíem (Lehn), Ahrensberg (Lehn) und Grabowhöfe (Lehnanteil) sowie Vietgest (Lehn), waren Privatvermögen des Fürsten Georg; ebenso der sogenannte Langhagen-See im Amt Mirow (Groherzogtum Meckenburg-StreIitz) und das Waldgut Muggendorf im Kreis Kyritz (Königreich Preussen).

Testamentarischer Erbe dieser und anderer Güter von Fürst Georg war sein Sohn Fürst Adolf. Mit Datum vom 04.12.1911 erkIärte dessen Bruder Prinz Wolrad, dass er gegen das Testament seines Vaters, des Fürsten Georg, keine Einwände erhebe und aus dem im Grossherzogtum Mecklenburg-Schwerin gelegenen zum Lehnvermögen gehörigen Nachlass nichts verlange, beziehungsweise keínerlei Ansprüche darauf erhebe. Fürst Adolf erwarb daraufhin das Lehneigentum an den Gütern in Mecklenburg aufgrund Belehnung.

Eine sich aus dem Hausgesetz vom 07.09.1911 ergebende etwaige Bindung an das Haus wurde nicht in die Grundbücher eingetragen. Das Fürstliche Haus Schaumburg-Lippe, eine rechtsfähige Juristischen Person, wurde aufgrund des Hausgesetzes vom 08.12.1923 in der Folgezeit nicht als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Hinsichtlich des Lehngutes Boldebuck wurde vielmehr am 05.04.1935 eine Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs des  Prinzen Wolrad auf Auflassung eines Miteigentumsbruchteil von 35/100, der aus der Ausübung eines bedingten, in der Eintragungsbewilligung vom 15.06.1934 zu 40 näher bezeichneten Kaufrechts hervorgeht, eingetragen. Am 29.06.1934 wurde eine Hypothek für die Forderung des Prinzen Wolrad aus Erbauseinandersetzung in Höhe von 161 .200 Goldmark eingetragen.

Hinsichtlich des Lehensgutes Gülzow wurde am 12.07.1934 eine Hypothek über 133.920 Gordmark zugunsten des Prinzen Stephan (Bruder von Wolrad und Adolf) aus Erbauseinandersetzung eingetragen. Ausserdem wurde am 04.04.1935 eine Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs des Prinzen Stephan auf Auflassung eines Miteigentumsbruchteils von 32/100 eingetragen, der aus der Ausübung des bedingten Kaufrechts hervorgeht, welches ihm in der Eintragungsbewilligung vom 15.01.1934 eingeräumt ist.

Eine sachenrechtliche Übertragung der Güter in Mecklenburg auf das Fürstllche Haus Schaumburg-Lippe konnte nicht ermittelt werden. Eine Juristische Person bedurfte für den Erwerb emes Lehensgutes der Iehnsherrlichen Genehmigung ( 26 Verordnung vom 09.04.1899 zur Ausführung des BGB - Grossherzogthum Mecklenburg-Schwerin in Regierungs=Blatt für das Grossherzogthum Mecklenburg-Schwerin Jahrgang 1899 Seite 57 ff). Auch eine solche Genehmigung konnte nicht ermittelt werden.

Das Mecklenburgische Staatsminísterium führte im Schreiben vom 04.06.1941 zum Gut Gülzow aus: »Soweit hier bekannt hatte am 31.12.1938 noch keine Auseinandersetzung über Gülzow zwischen den Lehnerben stattgefunden. Die Lehnerben sind hier nicht bekannt. Fídeikommiss ist Gülzow nicht gewesen.”

Die damalige Fürstliche Hofkammer räumte mit Schreiben vom 20.06.1941 ein: ,,Gülzow war em Mecklenburgisches Lehnsgut. Nach dortigem Lehnsrecht ist für den materiellen Eigentumsübergang ausschliesslich der Akt der Belehnung massgebend. Diese Belehnung ¡st seinerzeit nicht beim Mecklenburgischem Staatsministerium beantragt worden.”

Hinsichtlich der anderen Güter konnte nicht festgestellt werden, dass das Fürstliche Haus Schaumburg-Lippe durch Belehnung Eigentümer dieser Güter geworden war. Aufgrund des Hinweises des Mecklenburgischen Staatsministeriums vom 04.06.1941 wurde 1942 um Lehnherrliche Anerkennung von Wolrad Prinz zu Schaumburg — Lippe ersucht. Ohne dass eine Auseinandersetzung der Lehnserben stattfand, wurde im Zusammenhang mit der entgeltlichen Ablösung des Obereigentums die Lehnherrliche Anerkennung am 13.06.1942 im Ergebnis erteilt. Das OLG Celle wies am 27.10.1942 die Berichtigung des Grundbuches hinsichtlich der Güter Krümmel, Boldebuck, Mühlengeez und Reinshagen und die Eintragung von Prinz Wolrad als Eigentümer an. Hinsichtlich des Gutes Nienhagen war Prinz Wolrad jedoch bereits aufgrund des FoIgezeugnisses vom 17.06.1940 als Eigentümer eingetragen worden.

Der Antragsteller beruft sich im Kern auf das Urteil des OLG Celle vom 16.04.2003. Aus den Entscheidungsgründen dieses Urteils des OLG Celle ergibt sich folgende Rechtsauffassung (Seite 22):

Nur eine auf § 25 FidErlG gestützte rechtskräftige Entscheidung des Fideikommiss Senats hätte mit bindender Wirkung für die am Auflösungsverfahren Beteillgten (und damit auch für Heinrich, dem Vater von Frau H.) die Zugehörigkeit der Vermögensgegenstände zum Hausvermögen bindend dem Grunde nach feststellen können. Eine solche HeinrIch und seine Erben bindende Grundentscheidung seI aber nicht getroffen worden. Das OLG hält (Seite 36) als Ergebnis fest, dass, abgestellt auf die damalige Rechtsauffassung das Hausvermögen (ausserhalb des Grundbuchs) auf das Fürstliche Haus Schaumburg-Lippe als juristische Person übergegangen sei. Hiervon seien auch die Güter (einschliesslich Lehngüter) in Mecklenburg betroffen. Da diese Besitzungen mithin ab Dezember 1923 nicht mehr Eigentum des Fürsten AdoIf seien, konnten sie, obgleich sie rechtlich freies Vermögen geworden selen, als nicht zu dem Nachlass gehörend bei Eintritt des Erbfalles am 26. März 1936 nicht in das Vermögen der Erbengemeinschaft nach dem Fürsten Adolf gefallen sein.

Zu der Erbfolge nach dem Tode von Fürst Adoif wurde folgendes ermittelt:

Die 1. Ausfertigung des Erbscheins vom 27. Januar 1937 wurde in das Verfahren eingebracht. Nach diesem Erbschein des Amtsgeríchts Bückeburg wurde Fürst Adolf von seinen Brüdern Wolrad,  Stephan, Friedrich Christian und Heinrich zu je 1/5 sowie von den Kindern der vorverstorbenen Schwester Elisabeth, nämlich Sibylla und Hans Georg, zu je 1/10 beerbt. Dieser Erbschein enthält keinen Vermerk über eine Testamentsvollstreckung.

Am 20.04.1938 fertigte das Amtsgericht Bückeburg jedoch ein Testamentsvollstreckerzeugnis aus. Danach wurden zu den Testamentsvollstreckern für den Nachlass von Fürst Adotf ernannt: Hofrat Herman Müller und Rechtsanwalt Dr. Valentin Stolz. Das seinerzeit von Fürst Adolf aufgesetzte Testament (nebst Eröffnungsprotokoll) wurde dem Landesamt seitens des Antragstellers nicht vorgelegt. Die Testamentsvollstrecker nach Fürst Adolf veräusserten jedoch sus dem Nachlass Güter und erkIärten hierzu die Auflassung (z.B. GüIzow).

Das Anhörungsverfahren wurde mit Datum vom 13.05.2005 eingeleitet. Mit Schreiben des Bevollmächtigten vom 1.1.09.2006 beruft sich der Antragsteller auf § 892 BGB. Im Übrigen ist er der Auffassung, das OLG Celle (7 U 159/02) habe entschieden, dass die Güter in Mecklenburg nicht Privateigentum von Fürst AdoJf gewesen seien. Mit Schreiben vom 22.11.2006 beruft sich der Antragsteller auf § 891 6GB, wonach zugunsten des im Grundbuch eingetragenen Eigentümers vermutet wird, dass ihm das Eigentumsrecht zusteht.

II.

Der Antrag auf Ausgleichsleistung hinsichtlich der begehrten in Mecklenburg belegenen Güter ist nicht begründet. Denn WoJrad Prinz zu Schaumburg-Lippe war zum Zeitpunkt der Enteignung am 07.09.1945 nicht Eigentümer dieser Güter. Ein Anspruch auf Ausgleichsleistung setzt gemäss § 1 Absatz 1 Satz 1 AusglLeistG voraus, dass natürliche Personen Vermögenswerte im Sinne von § 2 Absatz 2 Vermögensgesetz (VermG) durch entschädigungslose Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage im Beitrittsgebiet verloren haben. Vermögenswerte im Sinne von § 2 Absatz 2 VermG sind unter anderem Eigentum/Beteiligungen an Unternehmen bzw. Grundstücken. Die Besonderheit des § 2 Absatz 2 VermG besteht darin, dass massgeblich die sachenrechtliche Rechtsposition im Schädigungszeitpunkt (hier die Enteignung im Zuge der Bodenreform am 07.09.1945) ist. Auf die Frage, ob ein Anspruch auf Übereignung bestand, kommt es nicht an. Unstreitig ist zwar, dass Prinz Wolrad auf Ersuchen des OLG Celle im Grundbuch als Eigentümer eingetragen wurde. Formal gesehen wurde also Prinz WoIrad im Zuge der Bodenreform enteignet, da er im Zeitpunkt der Schädigung im Grundbuch als Eigentümer eingetragen war. Es kommt aber gemäss § 2 Absatz 2 VermG nicht darauf an, ob Prinz WoJrad im Grundbuch als Eigentümer eingetragen war, sondern ob er tatsächlich Eigentum erworben hatte. Eigentum wird durch Auflassung und Eintragung oder durch Rechtsnachfolge oder per Gesetz bzw. durch gerichtliche Entscheidung erworben.

Ein Eigentumserwerb (z.B. per gerichtlicher Entscheidung bzw. per Einigung) von WoIrad kann jedoch nicht festgestellt werden. Die Grundbuchberichtungsersuchen des OLG Celle bewirkten keinen konstitutiven Eigentumserwerb. Der anlässlich der Einigung in Betracht kommende Beschluss des OLG Celle vom 05.01.1940 war mit der sofortigen Beschwerde angegriffen, über diese hatte das Oberste Fideikommissgericht jedoch nícht mehr entscheiden können. Eine Einigung der Erben fand mithin bís zum 07.09.1945 (dem Tag der Enteignung) nicht statt. Im Übrigen haben sich die Erben von Fürst Adolf am 05.01.1940 auch nicht über den Eigentumsübergang geeinigt. Das OLG Celle führt auf Seite 22 sus: Nur eine auf § 25 FidEttG gestützte rechtskräftige Entscheidung des Fideikommiss-Senats hätte mit bindender Wirkung für die am Auflösungsverfahren Beteiligten (und damit auch für Heinrich, dem Vater von D H) die Zugehörigkeit der Vermögensgegenstände zum Hausvermögen bindend dem Grunde nach feststellen können. Eme solche Heinrich und seine Erben bindende Grundentscheidung war aber nicht getroffen worden.

Das Eigentum ¡st auch nicht im Zuge der Fideikommissauflösung per Gesetz auf Wolrad Prinz zu Schaumburg-Lippe übergegangen, da die Güter im Zeitpunkt des Todes von Fürst Adolí sachenrechtlich nicht im Eigentum des Fürstlichen Hauses Schaumburg-Lippe standen. Fürst Adolf hatte die beantragten Vermögenswerte dem Fürstlichen Haus Schaumburg-Lippe weder 1923 noch in der Folge sachenrechtllch übereignet. Ohne lehnherrliche Zustimmung war Fürst Adolf nicht befugt, Lehngüter der juristischen Person Fürstliches Haus Schaumburg-Lippe zu übereignen. Entgegen der Ansicht des OLG Celle, welches von einem Eigentumsübergang ausserhalb der Grundbuches ausgeht, ist nach Auffassung des Landesamtes die Rechtslage in Mecklenburg seitens der damaligen Hofkammer im Schreíben vom 20.06.1941 zutreffend mitgeteilt worden. Nach dem Lehnrecht in Mecklenburg ist für den materiellen Eigentumsübergang ausschlieIlich der Akt der Belehnung massgebend. Diese Belehnung des Fürstlichen Hauses ist seinerzeit beim Mecklenburgischen Staatsministerium nicht beantragt worden.

Das Landesamt schliesst sich vielmehr der (zum Gut Gülzow ausdrücklich) geäusserten Rechtsauffassung des damailgen Mecklenburgischen Staatsministeriums an, dass das Eigentum von Fürst Adolf an den beantragten Gütern zum Zeitpunkt seines Todes sachenrechtlich Privatvermögen und nicht Fideikommiss war. Hinsichtlich dieser Lehngüter war ohne lehnherrliche Zustimmung Fürst Adolf nicht befugt, Lehngüter einem Hausvermögen als Sondervermögen zuzuweisen. Hausvermögen wurde zumindest in Mecklenburg nicht als Fideikommiss betrachtet; sogar in der Auflösungsgesetzgebung wurde zwischen Fideikommissen und Hausvermögen begrifflich unterschieden.

Die Richtigkeit der damaligen Rechtsauffassung in Mecklenburg wird dadurch bestätigt, dass Testamentsvollstrecker nach Fürst Adolf Güter verkauft und aufgelassen hatten. Insbesondere ist hier auf das 1939 verkaufte Gut Gülzow hinzuweisen. Für die Rechtsauffassung von freiem Eigentum spricht ferner, dass sich z.B. Wolrad Prinz zu Schaumburg - Lippe 1935 den Ankauf eines Miteigentumsbruchteils an dem Lehensgut Boldebuck hatte im Grundbuch vormerken Iassen. Mithin war nicht nur GüIzow, sondern auch die anderen Güter ungebundenes Lehneigentum.

Prinz WoIrad ist auch nicht Eigentümer der Güter aufgrund Lehnsfolge geworden. Zwar wurde aufgrund des Hinweises des Mecklenburgischen Staatsministeriums vom 04.06.1941 über die Ungebundenheit der Güter in Mecklenburg 1941/1942 um Lehnsherrllche-Anerkennung von Prinz Wolrad ersucht. Die Lehnsherrliche Anerkennung wurde ím Zusammenhang mit der entgeltlichen Ablösung des Obereigentums auch erteilt. Sie bewirkte aber keinen konstitutiven Eigentumserwerb seitens Prinz Wolrad; da eine Auseinandersetzung der Lehnserben nicht stattgefunden hatte. So hatte Prinz Wolrad nach dem Tode seines Vaters Fürst Georg 1911 zugunsten seines Bruders und testamentarischen Alleinerben Fürst Adolf auf seine Rechte an, den Lehngüter in Meckfenburg verzichten müssen; gleiches hätten nach dem Tode von Fürst Adolf 1936 die Brüder zugunsten von Prinz WoIrad erkären müssen. Der Lehnsherrlichen Anerkennung vom 04.06.1941 liegt ein solcher Verzicht aber nicht zugrunde.

Entgegen der Ansicht des Antragstellers ist die Vermutung des § 891 BGB widerlegt. Prinz Wolrad hatte im mafgebIichen Schädigungszeitpunkt (Enteignung im Zuge der Badenreform) (Allein)Eigentum an den Gütern nicht wirksam erworben. Der Antrag ist daher hinsichtlich der Güter in Mecktenburg abzulehnen.


Da der Antragsteller lediglich seine Rechte von Prinz WoIrad als Alleineigentümer abIeitet, also nicht von der (Lehens) Erbengemeinschaft nach Fürst Adolf, kommt es auf die Frage, ob Leistungen nach dem Ausgleichsleistungsgesetz gemäss § 1 Absatz 4 AusglLeistG nicht gewährt werden können, nicht an.

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