Dienstag, 25. September 2018

Der Tischlermeister und der Fürst

Es war einmal ein Tischlermeister  der im Jahre 1943 durch Bombeneinwirkung seine Wohnungseinrichtung, insbesondere ein Mahagoni-Wohnzimmer und ein Mahagoni-Schlafzimmer und außerdem das für seine Berufsausübung erforderliche Werkzeug verlor.


Im Jahre 1944 erhielt er wegen Kriegsschäden 7000 Reichsmark als Vorauszahlung. Nach dem Krieg stellte er Lastenausgleichsanträge in denen er angab, 700 RM erhalten zu haben.

Langwierige Ermittlungen ergaben, dass er 7000 RM im Jahre 1944 erhalten hatte. 

Das Ausgleichsamt sah es nunmehr als festgestellt an, daß der Kläger nicht 700 RM, sondern 7.000 RM an Entschädigungsvorauszahlungen erhalten habe, mithin Zahlungen von mehr als 50 % des anzuerkennenden Verlustes. Durch erneuten Bescheid vom 15. September 1955  hob es den ursprünglichen Bescheid vom 13. Januar 1954 auf mit der Maßgabe, daß der Kläger  verpflichtet sei, den zuviel erhaltenen Betrag von 730 DM zu erstatten

Das Bundesverwaltungsgericht führte aus:

Für den Fall, daß sich nach erneuter Feststellung der Widerruf des Bescheides vom 13. Januar 1954 als gerechtfertigt erweist, hätte der Kläger, wie vom Ausgleichsamt bereits angeordnet, die zu Unrecht erhaltene Hausratentschädigung zurückzuzahlen.

So sieht deutsche Gründlichkeit aus. 

Und nun zum "Fürsten"

Es geht um Ausgleichsleistungen für Ländereien in Mecklenburg und Brandenburg




Die Bemessungsgrundlagen betragen unbereingt 10.821.483, 99 euro.

Nun hatte ich Unterlagen eingereicht um zu bewirken, dass die Verfahren wiederaufgegriffen werden.

Ob eine Erbengemeinschaft oder ein Alleinerbe berechtigt ist hat Konsequenzen für den Steuerzahler, da mindestens zwei Mitglieder der Erbengemeinschaft (also 2/5 der Ansprüche) wegen Vorschubleistens im Nationalsozialismus keinen Anspruch hätten.

Trotz Vorliegens neuer Unterlagen die es rechtfertigen, die Verfahren wieder aufzugreifen, sieht das Finanzministerium in Schwerin keinerlei Anlass den Vorgang aufzugreifen.



Das Finanzministerium schloss das Schreiben mit dem Satz ab:

"Das Finanzministerium Mecklenburg-Vorpommern als Behörde für die Regelung offener Ansprüche nach dem Ausgleichsleitungsgesetz ist weder willens, noch in der Lage zur Befriedung dieses familieninternen Streits beizutragen."

Der Tischlermeister hatte Pech, er durfte 730 DM zurückzahlen.

Und die Moral der Geschichte ?

Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28 Juni 1957

Bundesverwaltungsgericht
Urt. v. 28.06.1957, Az.: BVerwG IV C 235.56

Rechtsmittel

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

Bei der Beantwortung der Frage nach der Widerruflichkeit begünstigender Verwaltungsakte sind auch im Rahmen des Lastenausgleichsrechts, soweit notwendig, die Grundsätze des allgemeinen Verwaltungsrechts heranzuziehen.

  1. 2.
    1. a)

Danach kann ein begünstigender Verwaltungsakt auf dem Gebiet des Lastenausgleichs u.a. dann widerrufen werden, wenn die für seinen Erlaß maßgebliche Sachlage auf Grund unrichtiger oder unvollständiger Angaben des Antragstellers unzutreffend beurteilt worden und der Verwaltungsakt deshalb rechtswidrig ist.

  1. b)

Ob ein solcher Verwaltungsakt mit rückwirkender Kraft oder nur mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden kann, ist nur für den Einzelfall, insbesondere je nach dem rechtlichen Inhalt des fehlerhaften Verwaltungsaktes, dem Grund der Widerruflichkeit und dem mit dem Widerruf verfolgten Zweck zu entscheiden.

  1. 3.
    1. a)

Vertrauensschutz in der Form, daß der nach diesen Grundsätzen an sich zulässige Widerruf ausgeschlossen oder eingeschränkt wäre, kann in der Regel jedenfalls dann nicht gewährt werden, wenn den Antragsteller an der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit seiner Angaben ein - sei es auch nur leichtes - Verschulden trifft.

    1. b)

Ist die Behörde dagegen ohne Verschulden des Antragstellers von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen, so kann nach Lage des Einzelfalles der Widerruf zumindest dann ausgeschlosser sein, wenn die Unrichtigkeit des Sachverhalts der Behörde lediglich infolge eigenen groben Verschuldens unbekannt geblieben ist

  1. 4.

Wer Ausgleichsleistungen zu Unrecht empfangen hat, ist grundsätzlich verpflichtet, diese an den Ausgleichsfonds zurückzuzahlen.

In der Verwaltungsstreitsache
hat das Bundesverwaltungsgericht - IV. Senat -
durch
die Bundesrichter Dr. Kniesch, Lentz, Oswald, Dr. Müller und Dr. de Chapeaurouge
auf die mündliche Verhandlung vom 14. Juni 1957
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesverwaltungsgerichts Hamburg vom 10. August 1956 - Az.: IX b VGL 279/56 - samt den ihm zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Landesverwaltungsgericht zurückverwiesen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 730 DM festgesetzt.

Gründe

1

I.

Der Kläger, von Beruf Tischlermeister, verlor im Jahre 1943 durch Bombeneinwirkung seine Wohnungseinrichtung, insbesondere ein Mahagoni-Wohnzimmer und ein Mahagoni-Schlafzimmer und außerdem das für seine Berufsausübung erforderliche Werkzeug. Er beantragte im Herbst 1952 die Feststellung von Kriegssachschäden und Anfang 1953 die Gewährung von Hausratentschädigung. Die an ihn gezahlten Entschädigungsleistungen nach der Kriegssachschädenverordnung vom 30. November 1940 - RGBl. I S. 1547 - gab er dabei mit 700 RM an. In einer von der Feststellungsbehörde angelegten Notakte fand sich dagegen ein Antrag des Klägers "auf Ersatzleistung für Sachschäden" vom 12. September 1950, in welchem die Höhe des Schadens mit 12.600 RM und die geleisteten Vorauszahlungen mit insgesamt 7.000 RM angegeben waren. Im Benehmen mit dem Kriegsschädenamt ging das Ausgleichsamt jedoch davon aus, daß die Angabe des Klägers, er habe 7.000 RM an Vorauszahlungen erhalten, von Irrtum beeinflußt gewesen sei, die Vorauszahlungen vielmehr nur 700 RM betragen hätten. Es bewilligte dem Kläger daher mit Bescheid vom 13. Januar 1954 eine Hausratentschädigung in Höhe von 730 DM, die inzwischen ausgezahlt ist.

2

Anläßlich der Bearbeitung des Antrages des Klägers auf Zuerkennung der Hauptentschädigung stellte das Ausgleichsamt fest, daß dieser die Vorauszahlungen mehrfach mit 7.000 RM beziffert hatte. So beantwortete er in einem Antrag vom 15. September 1950 auf Gewährung von Hausrathilfe nach Soforthilferecht die Frage nach der Höhe der Vorauszahlungen mit "ja, ca. 7.000 Mark" und führte dazu im Ergänzungsantrage aus:

"1943 erhielt ich ca. 7.000 Mark, welche mit 2.200 RM Ersparnissen am Währungstage verlustig gingen."

3

Auch in einem Antrag auf Gewährung von Soforthilfe und Aufbauhilfe vom 13./14. Juni 1950 gab der Kläger an, daß er bereits Zahlungen von insgesamt 7.000 RM erhalten habe. In der hierzu gegebenen näheren Begründung erklärte er:

"Ich habe für meinen angemeldeten und anerkannten Bombenschaden insgesamt 7.000 RM erhalten. Es war in der damaligen Kriegszeit absolut nicht möglich, Werkzeuge oder Materialien zu kaufen, so daß ich meine 7.000 zuzüglich weiterer 2.200 bei der Währungsumstellung wieder verloren habe,"

4

In einem Schriftsatz des Klägers in der gleichen Sache vom 26. Mai 1951 heißt es schließlich nochmals:

"Auch die mir gegen diesen, seinerzeit angemeldeten Bombenschaden zugestandenen und ausbezahlten RM 7.000 konnte ich zur Werkzeugs-Anschaffung nicht verwerten."

5

Mit Schreiben vom 28. März 1952 hatte dagegen der Kläger, nachdem unter Hinweis auf die Höhe der erhaltenen Vorauszahlungen beide Anträge durch Bescheide vom 15. Januar 1951 und 6. März bzw. 6. Juni 1952 abgelehnt worden waren, diese Angaben später widerrufen:

"Wie ich zu meinem Schreck feststellen mußte, habe ich bei der Ausstellung meiner Notakte die Vorauszahlungen irrtümlich mit RM 7.000 angegeben. In Wirklichkeit habe ich aber nur RM 700 erhalten, und zwar RM 200 im Bieberhaus und RM 500 im Sprinkenhof. Ich bitte um Berichtigung der Vorauszahlung auf RM 700, Bemerken möchte ich noch, daß seinerzeit meine Originalakte nicht aufzufinden war, und ich die Notakte im Zimmer 622 schnell ausstellen mußte, wo mir dann wohl der Fehler mit der einen 0 zuviel unterlaufen ist."

6

Im Zuge der erneuten Ermittlungen äußerte sich die Kriegsschädenabteilung dahin, es müsse angenommen werden, daß die Vorauszahlungen 7.000 RM betragen hätten; dies um so mehr, als nach einer Karteinotiz die verlorenen Kriegsschadensakten im Jahre 1944 an die Kreisverwaltung abgegeben worden, seien "zur weiteren Vorauszahlung", was bei Zahlungen über 5.000 RM hinaus regelmäßig geschehen sei. - Zu den eigenen Angaben vernommen, erklärte der Kläger vor dem Ausgleichsamt im Juli 1955 u.a., er habe im August 1943 300 RM und kurze Zeit später 400 EM auf seinen Schaden erhalten; weitere Vorauszahlungen seien nicht geleistet worden. In einer zweiten Vernehmung im August 1955 erklärte sich der Kläger außerstande, anzugeben, wie es zu dem Widerspruch in seinen Angaben gekommen sei.

7

Das Ausgleichsamt sah es nunmehr als festgestellt an, daß der Kläger nicht 700 HM, sondern 7.000 HM an Entschädigungsvorauszahlungen erhalten habe, mithin Zahlungen von mehr als 50 % des anzuerkennenden Verlustes. Durch erneuten Bescheid vom 15. September 1955 wies es daher den Antrag des Klägers auf Feststellung und Hausratentschädigung zurück und hob gleichzeitig den ursprünglichen Bescheid vom 13. Januar 1954 auf mit der Maßgabe, daß der Kläger gemäß § 350 a des Gesetzes über den Lastenausgleich vom 14. August 1952 (BGBl. I S. 446) - LAG - verpflichtet sei, den zuviel erhaltenen Betrag von 730 DM zu erstatten. Dieser Bescheid wurde durch Beschluß des Beschwerdeausschusses vom 29. Februar 1956 bestätigt.

8

Die hiergegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg. Auch das Land es Verwaltungsgericht Hamburg sah als erwiesen an, daß der Kläger nicht 700 RM, sondern 7.000 RM an Vorauszahlungen erhalten habe. Da nach den eigenen Erklärungen des Klägers der Schaden 12.600 RM betragen habe, sei mithin - im Hinblick auf § 8 Abs. 2 Nr. 4 des Gesetzes über die Feststellung von Vertreibungsschäden und Kriegs Sachschäden (Feststellungsgesetz) in der Fassung vom 14. August 1952 (BGBl. I S. 534) [FG] - der Bescheid vom 13. Januar 1954 rechtswidrig und demnach aufzuheben gewesen. Es entspreche auch der Rechtslage, daß das Ausgleichsamt die-Rückzahlung der zu Unrecht empfangenen Hausratentschädigung angeordnet habe. Der Kläger sei nämlich bei Erhalt der Entschädigung nicht gutgläubig gewesen, da ihm nach Lage der Dinge die richtige Höhe der Vorauszahlungen habe bekannt sein müssen.

9

Gegen das Urteil hat der Kläger Zulassungsbeschwerde eingelegt und ferner Revision mit dem Antrage,

10

unter Abänderung des Urteils des Landesverwaltungsgerichts Hamburg vom 10. August 1956 ... den Bescheid des Ausgleichsamtes Hamburg-Mitte vom 15. September 1955 und den Beschluß des Beschwerdeausschusses vom 29. Februar 1956 aufzuheben.

11

Durch Beschluß vom 29. Mai 1957 hat der erkennende Senat die Revision zugelassen.

12

Zur Sache hat sich der Kläger im wesentlichen wie folgt geäußert: Nach wie vor behaupte er, daß nur 700 RM an Vorauszahlungen geleistet worden seien. Diesen Punkt habe das Landesverwaltungsgericht nicht mit der erforderlichen Sorgfalt aufgeklärt und dabei nicht genügend beachtet, daß die Behörde nicht imstande sei, entsprechende Quittungen vorzulegen. Daraus sich ergebender Zweifel gehe aber zu Lasten der Behörde. Die Rücknahme eines unrichtigen Lastenausgleichsbescheides sei nur unter den Voraussetzungen des § 360 LAG und nur unter Beachtung des dort vorgesehenen Verfahrens zulässig. Aber auch dann, wenn für die Rücknahme die Grundsätze des allgemeinen Verwaltungsrechts maßgebend wären, käme eine solche nur in Frage, wenn der Verwaltungsakt erschlichen sei. Nach den Feststellungen des Landesverwaltungsgerichts könne hiervon jedoch nicht gesprochen werden.

13

Die Beklagte meint demgegenüber, die Aufhebung oder Abänderung eines Verwaltungsaktes im Rahmen des Lastenausgleichsrechts sei von der Regelung des § 360 LAG nicht abhängig. Diese Vorschrift habe eine gänzlich andere Funktion. Angesichts der vielen, der Natur der Sache nach bestehenden Ungewißheiten in den Beweisverfahren habe der Gesetzgeber einen nachhaltigen Druck auf die Wahrheitsfindung ausüben wollen und daher ein bestimmtes Verhalten unter die Sanktion des völligen Leistungsausschlusses gestellt. Ein Gegenstück zu § 360 LAG sei mithin nicht die Widerrufslehre des allgemeinen Verwaltungsrechts, eher vielmehr das Strafrecht, wenn auch § 360 LAG eine eigentliche Strafrechtsnorm nicht darstelle. Nach allgemeinem Verwaltungsrecht, das in dem Rundschreiben des Präsidenten des Bundesausgleichsamtes vom 12. September 1956 weitgehend berücksichtigt werde, sei aber Verschulden schlechthin, also auch bloße Fahrlässigkeit, ein Widerrufsgrund. Die früher vertretenen Einschränkungen in bezug auf den Widerruf unanfechtbar gewordener begünstigender Verwaltungsakte seien heute nicht mehr voll hinzunehmen. Ein Wandel der Rechtsanschauung könne zwar niemals zum Widerruf eines Verwaltungsaktes führen; wenn aber der Geschädigte zum Zustandekommen des Verwaltungsaktes beigetragen habe, etwa durch falsche Angaben usw., so müsse der Verwaltungsakt beseitigt werden können. Es dürfe keinen Vertrauensschutz geben, wenn unzutreffende Angaben gemacht worden seien. Für das Lastenausgleichsrecht seien darüber hinaus namentlich folgende Gesichtspunkte maßgebend: Die Ausgleichsbehörden seien weitgehend auf die als wahr zu unterstellenden Angaben des Antragstellers in den vorgedruckten Formularen angewiesen. Die darauf beruhenden Verwaltungsakte müßten deshalb abänderbar sein, wenn die Angaben nicht stimmten. Die Lastenausgleichsbehörden seien im Interesse des Staatsbürgers gehalten, schnell zu arbeiten; ein gewisser Prozentsatz von Fehlentscheidungen werde daher in Kauf genommen. Der Staat leiste demgemäß Vertrauen vor. Der Staatsbürger müsse mithin die Folgen tragen, wenn dieses Vertrauen nicht gerechtfertigt gewesen sei.

14

Der Beteiligte führt aus: Bei der Regelung des § 360 LAG handle es sich um einen besonders qualifizierten Tatbestand und nicht um die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Verwaltungsakte auf dem Gebiet des Lastenausgleichs widerrufen werden könnten, die fehlerhaft und gesetzwidrig seien. Hier seien vielmehr die Regeln des allgemeinen Verwaltungsrechts über die Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte anzuwenden, was klar aus dem Gesetz zu ersehen sei. Zum Tatsächlichen fälle allerdings auf, daß der Kläger in bezug auf die 7.000 RM auch von dem Verlust seiner Werkzeuge spreche. Möglicherweise seien auch hierfür Zahlungen erfolgt, nicht nur für den Hausratschaden.

15

II.

Die kraft Zulassung statthafte Revision mußte zur Zurückverweisung der Sache führen.

16

1.

Das Vordergericht geht davon aus, es sei tatsächlich festgestellt, daß der Kläger für seinen Hausratschaden mehr als 50 vom Hundert durch Entschädigungszahlungen auf Grund der Kriegssachschädenverordnung vom 30. November 1940 entschädigt worden sei und daß ihm die richtige Höhe der Vorauszahlungen bekannt gewesen sein müsse. Rechtlich sei die Lage dahin zu beurteilen, daß rechtswidrige Bescheide aufgehoben werden könnten und zu Unrecht empfangene Leistungen von einen nicht gutgläubigen Empfänger zurückzuerstatten seien. - Allein auf Grund der bisherigen tatsächlichen Feststellungen konnten die rechtlichen Folgerungen in dem angefochtenen Urteil, die noch der Erörterung bedürfen, nicht gezogen werden. Das Landesverwaltungsgericht hat zwar festgestellt, daß der Kläger insgesamt 7.000 RM Entschädigungsvorauszahlungen erhalten habe. Indessen hätte es zusätzlicher Feststellungen darüber bedurft, für welchen Schaden der Kläger die 7.000 RM empfangen hatte, allein für den Verlust des Hausrats oder auch für die - als solche offensichtlich nicht umstrittene - Einbuße des Werkzeugs. Wenn nämlich auf den Werkzeugschaden beispielsweise nur ein Teilbetrag von 700 RM der insgesamt geleisteten Entschädigungsvorauszahlungen entfallen sollte, wäre - vorausgesetzt, daß die Höhe des Hausratschadens wirklich 12.600 RM beträgt, insbesondere in dieser Summe der Werkzeugverlust nicht inbegriffen ist - im vorliegenden Falle die 50 %-Grenze noch nicht überschritten. Dies bedarf noch weiterer Aufklärung, so daß schon aus diesem Grunde Zurückverweisung geboten ist.

17

Wird demnach die Höhe der auf den Hausratschaden geleisteten Vorauszahlungen ohnehin nochmals zu erörtern sein, so sei in diesem Zusammenhang, obwohl eine der Formvorschrift des § 57 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über das Bundesverwaltungsgericht vom 23. September 1952 (BGBl. I S. 625) -BVerwGG - entsprechende Revisionsrüge insoweit nicht erhoben ist, vorsorglich noch folgendes bemerkt: Da das Landesverwaltungsgericht, seine Feststellung, es seien nicht 700, sondern 7.000 RM an Entschädigungsvorauszahlungen geleistet worden, in entscheidendem Umfang auf die eigenen Angaben des Klägers stützt, hätte es nach Auffassung des Senats, zumal der Kläger die betreffenden Angaben später widerrufen hat, im vorliegenden Falle nahegelegen, zu den maßgeblichen Fragen den Kläger nochmals persönlich zu vernehmen. Das wird mit nachzuholen sein.

18

Keine entscheidende Bedeutung mißt der Senat dagegen - wie ebenfalls vorsorglich bemerkt sei - dem Umstand bei, daß die Ausgleichsbehörde Quittungen über die seinerzeit geleisteten Entschädigungsvorauszahlungen offenbar nicht vorzulegen vermag. Unter Berücksichtigung der Zeitumstände ist keineswegs auszuschließen, im Einzelfall eine Vorauszahlung auch ohne Vorhandensein von Quittungen mit hinreichender Sicherheit anzunehmen.

19

2.

Sollte die weitere Aufklärung ergeben, daß der Kläger (bei einem Schadensbetrag von 12.600 RM) tatsächlich 7.000 RM an Voraussahlungen, und zwar allein auf seinen Hausratschaden, erhalten hat, so wäre allerdings davon auszugehen, daß der ursprüngliche Bescheid vom 13. Januar 1954 der Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 4 FG widersprach; dann könnte auch angenommen werden, daß die Gesetzwidrigkeit auf die insoweit unrichtigen Angaben des Klägers zurückzuführen ist. Allein hieraus kann jedoch noch keineswegs geschlossen werden, daß der fragliche Bescheid mit rückwirkender Kraft widerrufen werden durfte. Auch insoweit bedarf es vielmehr weiterer Aufklärung, wie noch darzulegen sein wird.

20

a)

Der Senat ist grundsätzlich der Auffassung, daß bei der Beurteilung der Frage der Widerruflichkeit begünstigender Verwaltungsakte auch im Rahmen des Lastenausgleichsrechts ergänzend nach dem allgemeinen Verwaltungsrecht zu verfahren ist.

21

Im Lastenausgleichsrecht ist allerdings in gewissem Umfange bereits Vorsorge getroffen, daß die Behörde nicht unter allen Umständen an einen einmal erlassenen (begünstigenden) Verwaltungsakt gebunden ist. So ist u.a. vorgesehen

die Gewährung "vorläufiger" Unterhaltshilfe (§ 2 der Ersten Verordnung über Ausgleichsleistungen nach dem Lastenausgleichsgesetz - 1. LeistungsDV-LA - vom 24. November 1952 [BGBl. I S. 742]);

die Möglichkeit des Erlasses eines Vorbehaltsbescheides (§ 335 a Abs. 1 LAG, § 37 a Abs. 1 FG);

die Möglichkeit der Berücksichtigung nachträglicher tatsächlicher Veränderungen im Bereiche der Kriegsschadenrente §§ 288, 343 Abs. 1 LAG;

sowie unter bestimmten Voraussetzungen die Anwendung des § 360 LAG zum Nachteil des Geschädigten.

22

In diesen meist begrenzte oder Sondertatbestände behandelnden Vorschriften kann jedoch eine erschöpfende und ausschließliche Regelung der Widerruflichkeit von Verwaltungsakten auf dem Gebiet des Lastenausgleichsrechts nicht gesehen werden. Dem Senat erscheint es - nicht zuletzt auch aus praktischen Erwägungen - vertretbar, ergänzend die Grundsätze des allgemeinen Verwaltungsrechts heranzuziehen, zumal die Vorschrift des - durch das Vierte Gesetz zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes vom 12. Juli 1955 (BGBl. I S. 403) eingefügten - § 335 a Abs. 2 LAG "die Grundsätze des allgemeinen Verwaltungsrechts, nach denen Bescheide ohne ausdrücklichen Vorbehalt geändert, zurückgenommen oder sonst aufgehoben werden können", unberührt läßt. Auch das neuere Schrifttum gelangt überwiegend zu demselben Ergebnis, vgl. Kühne-Wolff "Die Gesetzgebung über den Lastenausgleich", Anm. 1 zu § 335 a LAG und zu § 37 a FG, Harmening "Lastenausgleich", Anm. 9 zu § 335 a LAG, Fauser in RLA 1954, 270 f., Töpfer in ZLA 1955, 113 f., Zschacke in ZLA 1955, 145 ff., Schulze in DÖV 1957, 393, Schaefer in RLA 1955, 305 ff., 337 ff.

23

Einer Heranziehung von Grundsätzen des allgemeinen Verwaltungsrechts steht die Bestimmung des § 360 LAG nicht entgegen. Diese Sondervorschrift betrifft regelmäßig einen Verfahrensabschnitt, in dem ein Verwaltungsakt noch gar nicht erlassen ist. In seiner ganzen Ausgestaltung hat diese Vorschrift sehr wohl neben den allgemeinen Grundsätzen über den Widerruf Bedeutung. Sie ist Ausdruck des auch im öffentlichen Recht geltenden allgemeinen Rechtsgedankens der Verwirkung von Ansprüchen durch treuwidriges Verhalten und geht in ihrer Bedeutung über die bloße Herstellung eines gesetzmäßigen Zustandes hinaus, vgl. auch BVerwG III C 230.55, Urteil vom 17. Mai 1956, vgl. auch Schaefer a.a.O. S. 311 und Zschacke a.a.O. S. 146.

24

b)

Gegen die Anwendung von Grundsätzen des allgemeinen Verwaltungsrechts bei der Frage des Widerrufs von Verwaltungsakten im Lastenausgleich werden von einem Teil des Schrifttums (vgl. namentlich Jochem "Der Lastenausgleich" 1954 S. 332 ff. und Richter in ZLA 1955, 53 ff., 67 ff.) Bedenken insofern erhoben, als mit Rücksicht auf die besondere Ausgestaltung des Verfahrens vor den Lastenausgleichsbehörden deren Entscheidungen "in die Nähe des richterlichen Urteils gerückt" und daher nur in den im Gesetz ausdrücklich vorgesehenen Fällen nachträglich abänderbar seien. Der Senat vermag indessen dieser Ansicht nicht zu folgen; im Ergebnis ebenso u.a. Fauser a.a.O. S. 271 und Schaefer a.a.O. S. 337.

25

In Rechtsprechung und Wissenschaft wird zwar teilweise die Auffassung vertreten, daß einem sogenannten streitentscheidenden, das Bestehen oder das Nichtbestehen eines Rechts oder einer Verpflichtung feststellenden Verwaltungsakt einem richterlichen Urteil wesensverwandte Wirkung dann zukommt, wenn er in einem prozeßähnlichen Verfahren zustande gekommen, insbesondere eine Klärung des Tatbestandes unter Anhörung. der Beteiligten vorausgegangen ist (vgl. das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 1. Juli 1953 [BVerfGE 2, 381 ff., 393 f. [BVerfG 01.07.1953 - 1 BvL 23/51]] mit weiteren Nachweisen). Ob die dem richterlichen Urteil zukommende materielle. Rechtskraft auch auf Verwaltungsakte ausgedehnt werden kann, erscheint jedoch - insbesondere im Hinblick auf die neuere Rechtsentwicklung mit ihrer scharfen Trennung von Rechtsprechung und Verwaltung - ganz allgemein keineswegs unzweifelhaft (ablehnend z.B. der BGH in einem Urteil vom 19. März 1953 [BGHZ 9, 129]; zu vgl. ferner u.a. Dickmann in DÖV 1957, 278 ff. [280], Doch kann dies hier dahingestellt bleiben, ebenso ob insbesondere die Entscheidungen des Ausgleichsausschusses die zur Annahme der materiellen Rechtskraft erforderlichen Voraussetzungen überhaupt erfüllen. Denn das Problem der materiellen Rechtskraft von Verwaltungsakten ist einer einheitlichen Lösung ohnehin nicht zugänglich. Es kommt vielmehr auf die Eigenart des jeweiligen Verwaltungsaktes und auf die besondere Gestaltung des Verfahrens, aus dem der Verwaltungsakt hervorgeht, an (BVerfG a.a.O. S. 393, Forsthoff "Lehrbuch des Verwaltungsrechts", I. Band, 5. Aufl. S. 212 mit weiteren Nachweisen). Es kann zwar nicht übersehen werden, daß das Verfahren vor den Ausgleichsbehörden, selbst in der unteren Instanz, nicht einer gewissen Förmlichkeit entbehrt, die, wie noch auszuführen sein wird, durchaus auch für den Bestand der in diesem Verfahren zustande kommenden Verwaltungsakte Bedeutung haben kann. Andererseits zeigt aber gerade die Durchführung des Lastenausgleichs die Kehrseite einer modernen Massenverwaltung, die außer den naturgemäß hieraus sich ergebenden Schwierigkeiten häufig unter starkem Zeitdruck und unter schwierigen personellen Bedingungen arbeiten muß (vgl. hierzu insbesondere Fauser a.a.O. S. 271 und Schaefer a.a.O. S. 307). Unter diesen Umständen gewährleistet das Verfahren vor den Ausgleichsbehörden - jedenfalls in der unteren Instanz - vorerst nicht annähernd das Maß an Sicherheit für die weitgehende Richtigkeit der erlassenen Entscheidungen, wie es bei gerichtlichen Urteilen vorausgesetzt werden kann, um die grundsätzliche Unabänderlichkeit einmal erlassener Bescheide wirklich, zu rechtfertigen (so wohl auch Zschacke a.a.O. S. 146, 147).

26

c)

Auf die mithin grundsätzlich anwendbaren Regeln des allgemeinen Verwaltungsrechts kommt es vorliegend an, da hier ein Verwaltungsakt auf Grund von Angaben des Antragstellers ergangen ist, die möglicherweise in wesentlicher Beziehung von vornherein unrichtig oder unvollständig waren. Für einen derartigen Sachverhalt gibt es im Lastenausgleichsrecht hinsichtlich des Widerrufs eines daraufhin ergangenen Verwaltungsaktes bisher keine ausreichende Regelung. Denn - wie erwähnt - regelt § 360 LAG einen Sondertatbestand, der über die Wiederherstellung eines gesetzmäßigen Zustandes hinausgeht.

27

Daß die richtige Anwendung der Grundsätze des allgemeinen Verwaltungsrechts in der Revisionsinstanz nachprüfbar ist, sei vorsorglich bemerkt. Diese Grundsätze sind jedenfalls insoweit einer Erörterung durch das Bundesverwaltungsgericht zugänglich, als sie - wie hier - der Ergänzung von Bundesrecht dienen (ebenso Bettermann in DVBl. 1956, 11 ff. [14], vgl. hierzu auch u.a. Beschluß des Bundesverwaltungsgerichtsvom 25. September 1953 - BVerwG II B 107.53 - in DÖV 1954, 26 undUrteil vom 21. Januar 1955 - BVerwG II C 177.54 - BVerwGE 2, 22 [BVerwG 21.01.1955 - II C 177/54]). Ob darüber hinaus Grundsätze des allgemeinen Verwaltungsrechts einer Nachprüfung durch das Bundesverwaltungsgericht unterliegen, brauchte hier nicht entschieden zu werden.

28

d)

Aus den mehrfach erwähnten Grundsätzen des allgemeinen Verwaltungsrechts ergibt sich nun folgendes:

29

Rechtsprechung und Schrifttum gehen offenbar von der nach Auffassung des Senats durchaus zutreffenden Annahme aus, daß unrichtige Angaben für sich allein im allgemeinen noch nicht genügen, den Widerruf eines Verwaltungsaktes zu rechtfertigen. Vielmehr muß hinzutreten, daß die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes auf unrichtigen Angaben beruht (ausdrücklich in diesem Sinne z.B. Forsthoff a.a.O. S. 199 mit weiteren Nachweisen). Erheblich sind unrichtige oder unvollständige Angaben des Antragstellers regelmäßig nur unter dem Gesichtspunkt ihrer Wirkung, d.h. insoweit, als sie eine Rechtswidrigkeit des begehrten Verwaltungsaktes herbeigeführt haben. Teilweise wird dabei allerdings besonders hervorgehoben, daß die Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes in weiterem Sinne sowohl auf einer Verkennung des Gesetzes als auch auf irriger Beurteilung der für den betreffenden Verwaltungsakt maßgeblichen tatsächlichen Verhältnisse beruhen kann (vgl. z.B. Jellinek "Verwaltungsrecht", 3. Aufl. S. 283, 284, Forsthoff a.a.O. S. 215). Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes, d.h. ein Verstoß gegen eine gebietende Rechtsnorm liegt nicht vor, wenn sich lediglich die Rechtsanschauung gewandelt hat oder sich die Behörde später eine abweichende Auslegung einer gesetzlichen Vorschrift zu eigen macht oder einen Sachverhalt später abweichend würdigt. Für den Fall, daß ein Verwaltungsakt rechtswidrig ist, d.h. gegen eine gebietende Rechtsnorm verstößt, wird überwiegend der Widerruf - sei es im Einzelfall mit rückwirkender Kraft, sei es nur mit Wirkung für die Zukunft, dem Grundsatz nach in aller Regel auch ohne Verschulden des Betroffenen - für zulässig erachtet.

Vgl. z.B. BGH in Entscheidungen vom 26. Februar 1951 und 11. April 1957 (KJW 1951, 359 bzw. NJW 1957, 987), Bayer. VGH vom 8. November 1951 (VerwRspr. 4, 144), OVG Berlin vom 26. November 1952 (DVBl. 1954, 129), OVG Lüneburg vom 8. Dezember 1953 (MDR 1954, 397), Bezirksverwaltungsgericht Berlin-Zehlendorf vom 9. Februar 1951 (ÖV 1951/303), Peters "Lehrbuch der Verwaltung" 1949 S. 169, v. Turegg "Lehrbuch des Verwaltungsrechts", 3. Aufl. S. 130, Jellinek a.a.O. S. 283, 284, Forsthoff a.a.O. S. 198 f., Schunck-De Clerck "Gesetz über das Bundesverwaltungsgericht", Anm. 2 b gg zu § 15, Eyermann-Fröhler "Verwaltungsgerichtsgesetz", 2. Aufl., Anhang IV 2 b zu § 35, Klinger "Die Verordnung über die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der britischen Zone", 3. Aufl. S. 140 ff., Haueisen in KJW 1954, 1425 ff., (1427), Zschacke a.a.O. S. 147, Dickmann a.a.O. S. 282 f., Schaefer a.a.O. S. 341 f.,. Fauser a.a.O. S. 271, Sommer in DÖV 1954, 716, jeweils meist noch mit weiteren Nachweisen.

30

Diese Auffassung kommt auch in gesetzlichen Regelungen zum Ausdruck, z.B. in § 143 Abs. 1 Nr. 2 der Landesverwaltungsordnung für Thüringen vom 10. Juni 1926, § 42 Abs. 1 Buchst. a des Preuß. Polizeiverwaltungsgesetzes vom 1. Juni 1931, Art. 88 Abs. 1 Nr. 1 des Entwurfs einer Verwaltungsrechtsordnung für Württemberg. Darüber hinaus werden im Gegensatz zur Lehre unrichtige oder unvollständige Angaben des Antragstellers als Ursache der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes und daher als Widerrufsgrund vielfach besonders hervorgehoben:

So z.B. schon in § 53 Abs. 1 der Gewerbeordnung, ferner in § 143 Abs. 1 Nr. 5 der Landesverwaltungsordnung für Thüringen, § 42 Abs. 1 Buchst. b des Preuß. Polizeiverwaltungsgesetzes, § 12 des Gaststättengesetzes vom 28. April 1930, § 96 Abs. 1 Nr. 2 der Reichsabgabenordnung, schließlich jüngst in § 7 Abs. 1 des Bundesentschädigungsgesetzes in der Fassung vom 29. Juni 1956 - BGBl. I S. 562 -.

31

Dies folgt aus der Erkenntnis, daß sich unbeschadet des dem Betroffenen zu gewährenden Vertrauensschutzes die Wahrung von Gesetz und Recht notfalls auch zuungunsten des einzelnen im Vorwaltungshandeln auswirken muß.

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Eine andere Frage ist, ob ein rechtswidriger Verwaltungsakt mit rückwirkender Kraft oder nur mit Wirkung für die Zukunft wieder beseitigt werden kann. Nach der Auffassung des Senats ist dies nicht für alle Fälle der Widerruflichkeit von Verwaltungsakten in gleicher Weise zu entscheiden. Bei verständiger Würdigung kann vielmehr nur nach Lage des Einzelfalles, unter billiger Berücksichtigung der Interessen des Betroffenen, im übrigen insbesondere nach dem rechtlichen Inhalt des fehlerhaften Verwaltungsaktes, dem Grund der Widerruflichkeit und dem mit dem beabsichtigten Widerruf verfolgten Zweck entschieden werden (ebenso der Württ.-Bad. VGH in einer Entscheidung vom 10. November 1950 [VerwRspr. 3, 304], Haueisen in NJW 1954, 1428 und wohl auch Rauball in ZLA 1955, 228, 230). Kann der Zweck des Widerrufs sinnvollerweise nur mit einer Wirkung ex tunc erreicht werden, wird die Behörde grundsätzlich auch in der Lage sein müssen, den rechtswidrigen Verwaltungsakt mit rückwirkender Kraft zu beseitigen (so Württ.-Bad, VGH a.a.O. S. 306). Zieht man die vorstehend entwickelten Grundsätze in Betracht, so liegt ein solcher Fall hier vor. Der Bescheid vom 13. Januar 1954 enthält im Einblick auf die §§ 235, 236 in Verbindung mit § 232 Abs. 1 Nr. 3 LAG neben der Schadensfeststellung als eigentlichen Kern die Zuerkennung der Hausratentschädigung, mithin eine Rechtsfolge, die einen in der Vergangenheit abgeschlossenen Tatbestand darstellt - zumal die Auszahlung der gewährten Entschädigung bereits erfolgt ist -. Der Widerruf ex nunc würde für die Vergangenheit alles beim alten belassen und nur einen zweifelhaften Wert haben; er würde praktisch einem völligen Verzicht auf Beseitigung des rechtswidrigen Verwaltungsaktes gleichkommen.

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Die überwiegende Meinung geht nun dahin, daß mit Rücksicht auf den Vertrauensschutz des Betroffenen der Widerruf eines Verwaltungsaktes grundsätzlich - ausgenommen Fälle der Erschleichung oder der Erwirkung des Verwaltungsaktes mit unlauteren Mitteln - nur mit Wirkung für die Zukunft zulässig ist (vgl. z.B. Peters a.a.O. S. 170, Forsthoff a.a.O. S. 216, Jellinek a.a.O. S. 287, Nebinger "Verwaltungsrecht", Allgemeiner Teil, 2. Aufl. S. 219, Eyermann-Fröhler a.a.O., Anhang IV zu § 35, im Ergebnis offenbar auch Dickmann a.a.O. S. 283; anderer Ansicht dagegen z.B. Fleiner "Institutionen des deutschen Verwaltungsrechts", 5. Aufl. S. 196 und Art. 91 des Entwurfs einer Verwaltungsrechtsordnung für Württemberg). Ihr wird zuzustimmen sein, wenn ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nachträglich wieder beseitigt werden soll. Der vorerwähnten Auffassung liegt offenbar ein solcher Sachverhalt zugrunde, was im Bereich des Lastenausgleichsrechts insbesondere auf die Kriegsschadenrente, die grundsätzlich für eine längere Dauer gewährt wird, zutrifft. Für Fälle der vorliegenden Art wird dagegen der Widerruf ex nunc, wie dargetan, nicht ausreichend sein. Das in solchen Fällen unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes des Betroffenen pflichtgemäße Abwägen gegenüber dem öffentlichen Interesse, kann hier vielmehr regelmäßig nur dazu führen, daß die nachträgliche Beseitigung des fehlerhaften Verwaltungsaktes entweder ex tunc oder aber überhaupt nicht zulässig ist.

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Insoweit vertritt der Senat indessen den Standpunkt, daß jedenfalls dann, wenn die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes auf unrichtige oder unvollständige Angaben des Antragstellers zurückzuführen ist, der Vertrauensschutz des Betroffenen grundsätzlich schon dann nicht überwiegt, wenn der Antragsteller die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit seiner Angaben verschuldet hat. Auf das Ausmaß des Verschuldens kommt es dabei nicht an. Ob der Vertrauensschutz des Betroffenen überwiegt, hängt letzten Endes immer davon ab, ob das Interesse des einzelnen an der Aufrechterhaltung des ihn begünstigenden Verwaltungsaktes unter Berücksichtigung aller Umstände schutzwürdiger ist als die Notwendigkeit, der Rechtsordnung Geltung zu verschaffen und demgemäß den fehlerhaften Verwaltungsakt wieder zu beseitigen. Dabei ist nicht zu verkennen, daß der Behörde der gesamte Organisationsapparat zur Verfügung steht, um das Zustandekommen eines fehlerhaften Verwaltungsaktes von vornherein zu verhindern und daß sie insoweit ein erhebliches Übergewicht gegenüber dem Antragsteller hat; das gilt insbesondere für Lastenausgleichssachen. Ist aber die Behörde auf die tatsächlichen Angaben des Antragstellers im Einzelfalle allein angewiesen, so fallen - anders als bei Beurteilung der Rechtslage und anders als bei der Pflicht der Behörde, die Ermittlungen von Amts wegen vorzunehmen - Mängel der Angaben ganz überwiegend in den Verantwortungsbereich des Antragstellers. Dabei kann davon ausgegangen werden, daß die Behörde zunächst einmal auf die Richtigkeit der Angaben vertrauen wird, bzw. zu vertrauen berechtigt ist. Gerade die Ausgleichsbehörde wird, will sie den ihr obliegenden Aufgaben in angemessener Frist nachkommen, weitgehend darauf angewiesen sein, den Inhalt der Antragsformulare als richtig zu unterstellen. Bei verständiger Abwägung der beiderseitigen Belange kann das Vertrauen des Antragstellers in den Bestand des ihn begünstigenden Verwaltungsaktes dann nicht mehr als sohutzwürdig erachtet werden, wenn er seiner Mitwirkungspflicht bei der tatsächlichen Feststellung nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist und ihn hierbei ein Verschulden trifft. Fühlt sich der Antragsteller in bezug auf die von ihm verlangten Angaben nicht mehr hinreichend sicher, so wird er dies zum Ausdruck bringen müssen. Dann ist der Behörde Anlaß und Gelegenheit gegeben, im Rahmen des Möglichen von Amts wegen weitere Ermittlungen anzustellen und auf diese Art und Weise unrichtige Entscheidungen zu vermeiden.

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Anders ist die Rechtslage, wenn die Behörde ohne Verschulden des Antragstellers von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist. Dann kann es - selbst wenn die Unrichtigkeit auf (schuldlos) falschen oder unvollständigen Angaben des Antragstellers beruht - zweifelhaft sein, ob nicht angesichts des mit besonderen Sicherungen versehenen Ausgleichsverfahrens (z.B.: Entscheidung schon in der unteren Instanz durch eine Kollegialbehörde, § 335 Abs. 1 LAG, in allen Instanzen Mitwirkung eines besonderen Vertreters der Interessen des Ausgleichsfonds, § 322 LAG, Erlaß von Vorbehaltsbescheiden, von Teilbescheiden) die Schutzwürdigkeit des Antragstellers überwiegt und demgemäß der Widerruf grundsätzlich ausgeschlossen ist. Bei vom Antragsteller nicht verschuldeter Unrichtigkeit des der Entscheidung zugrunde gelegten. Sachverhalts ist der Widerruf jedenfalls dann auszuschließen, wenn der Behörde infolge eigenen groben Verschuldens die Unrichtigkeit des Sachverhalts unbekannt geblieben ist. Auch bei Anerkennung des Grundsatzes, daß der Antragsteller an der Beibringung der tatsächlichen Grundlagen in erster Linie mitzuwirken hat, geht es zu Lasten der Behörde, wenn sie in Ausübung ihrer Pflicht, den Sachverhalt von Amts wegen zu klären, fehlerhaft handelt. Zumindest in einem solchen Falle wird eine gewissenhafte Abwägung der Interessen des Betroffenen und der öffentlichen Belange regelmäßig dazu führen, die überwiegende Schutzwürdigkeit des Staatsbürgers anzuerkennen. So aber würde in dem hier zu entscheidenden Falle, die Lage zu beurteilen sein, wenn die Behörde angesichts des ihr bekannten Widerspruchs in den Angaben des Klägers die doch naheliegende, kurze Überprüfung auch der Soforthilfeakten, die jederzeit erreichbar waren, nicht vorgenommen hätte. Diese Unterlagen würden die gegen eine Vorauszahlung von nur 700 RM sprechenden Anhaltspunkte ohne weiteres ersichtlich gemacht haben.

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Zusammenfassend ist nach alledem zu sagen: Beruht die etwaige Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 13. Januar 1954 auf schuldhaft falschen oder unvollständigen Angaben des Klägers, so ist der erfolgte Widerruf des Bescheides nicht zu beanstanden; Anlaß zu einem Vertrauensschutz in der Form, daß bereits der Widerruf ausgeschlossen wäre, besteht insoweit nicht. Trifft den Kläger an dem Zustandekommen des fehlerhaften Bescheides hingegen kein Verschulden, so ist im Einblick auf das Eigenverschulden der Behörde der ausgesprochene Widerruf nicht gerechtfertigt. Diese Auffassung kommt, zumindest im Ergebnis, im wesentlichen auch in dem "Rundschreiben des Bundesausgleichsamts betr. Aufhebung und Änderung von Bescheiden" vom 12. September 1956 (MtBl. BAA 1956, 491 ff.) zum Ausdruck. Insbesondere wird dort unter Nr. 3 Abs. 1 Satz 3 ausgeführt, daß ein Eigenverschulden der Behörde bei Feststellung der für die Entscheidung bedeutsamen Tatsachen den Widerruf ausschließen kann.

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Da zu der Frage, ob der Kläger die etwaige Unrichtigkeit seiner Angaben verschuldet hat, bisher keine hinreichenden Feststellungen getroffen worden sind - das Landesverwaltungsgericht hat lediglich festgestellt, der Kläger sei "bei Erhalt der Entschädigung" nicht gutgläubig gewesen -, ist auch insofern Zurückverweisung zwecks weiterer Aufklärung geboten.

38

3.

Als Ergebnis der weiteren Aufklärung kann allerdings nicht von vornherein ausgeschlossen werden, daß ein Verschulden des Klägers an der etwaigen Unrichtigkeit seiner Angaben nicht mit hinreichender Sicherheit festzustellen ist. In diesem Falle wäre der Widerruf des Bescheides vom 13. Januar 1954 nicht gerechtfertigt. Denn es bedarf nach den bisherigen Ausführungen keines weiteren Hinweises, daß ein begünstigender Verwaltungsakt nur dann wieder beseitigt werden kann, wenn die hierfür erforderlichen Voraussetzungen eindeutig gegeben sind; nachträgliche bloße Zweifel an der Berechtigung eines einmal erlassenen begünstigenden Verwaltungsaktes genügen insoweit nicht.

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Entsprechendes hätte im übrigen auch zu gelten, wenn sich im Rahmen der weiteren Aufklärung nicht mit hinreichender Sicherheit bestätigen sollte, daß der Kläger bereits Vorauszahlungen in Höhe von mehr als 50 % des nach den maßgeblichen Bestimmungen anzuerkennden. Schadensbetrages erhalten hat.

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4.

Für den Fall, daß sich nach erneuter Feststellung der Widerruf des Bescheides vom 13. Januar 1954 als gerechtfertigt erweist, hätte der Kläger, wie vom Ausgleichsamt bereits angeordnet, die zu Unrecht erhaltene Hausratentschädigung zurückzuzahlen.

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Ob eine Erstattungspflicht unmittelbar aus den Vorschriften des Lastenausgleichsgesetzes herzuleiten ist, erscheint zwar zweifelhaft; § 290 LAG und demgemäß § 3.50 a LAG begründen einen allgemeinen Rückforderungsanspruch des Ausgleichsfonds jedenfalls nicht (vgl. z.B. dasUrteil des erkennenden Senats vom 2. November 1956 - BVerwG IV C 117.55 -). Es kann aber als feststehender Grundsatz des - nach der ausdrücklichen Bestimmung, des § 350 a LAG auch insoweit im Rahmen des Lastenausgleichsrechts zu beachtenden - allgemeinen Verwaltungsrechts angesehen werden, daß Leistungen, die zu Unrecht bewirkt worden sind, erstattet werden müssen. Es handelt sich hier um einen aus allgemeinen Rechtsgedanken, aber auch aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 812 ff. BGB abzuleitenden Erstattungsanspruch des öffentlichen Rechts, der, soweit ersichtlich, heute allgemeine Anerkennung gefunden hat:

Vgl. hierzu grundlegend Lassar "Der Erstattungsanspruch im Verwaltungs- und Finanzrecht" 1921; ferner namentlich Forsthoff, a.a.O. S. 148, Haueisen in NJW 1954, 977 ff., Bachof "Die verwaltungsgerichtliche Klage auf Vornahme einer Amtshandlung" 1951 S. 101 f., Jellinek, a.a.O. S. 238 f. S. 238 f., Huber "Wirtschaftsverwaltungsrecht" 1954 Bd. 2 S. 596 f. und 621 f., Tiedau in MDR 1952, 330 ff. (mit zahlreichen weiteren Nachweisen), Württ.-Bad. VGH vom 20. November 1952 in ESVGH 2, 89 ff. (93), Hamb. OVG vom 5. März 1951 in VerwRspr. Bd. 4 Nr. 4, OVG Lüneburg vom 22. Oktober 1952 in NJW 1953, 839, Bundessozialgericht vom 10. November 1955 in "Nachrichtendienst des deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge" 1956 S. 202 f.; schließlich auch schon Art. 210 des Entwurfs einer Verwaltungsrechtsordnung für Württemberg (1928).

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Daß dieser Erstattungsanspruch auch im Rahmen des Lastenausgleichsrechts volle Bedeutung hat, ist mit Recht kürzlich insbesondere von Presting (DÖV 1956, 110 ff.) hervorgehoben worden.

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Der mithin dem Kläger obliegenden Erstattungspflicht kann dieser nicht etwa mit dem Einwand begegnen, er sei nicht mehr bereichert. Selbst dann, wenn das ursprünglich Erlangte nicht mehr vorhanden ist, besteht eine Bereicherung immer noch insoweit, als durch die Verwendung des Erlangten Ausgaben erspart worden sind, die sonst zur Bestreitung von Lebensbedürfnissen notwendig gewesen wären. Anders verhält es sich nur in dem Falle, daß der Betroffene durch die zu Unrecht empfangene Leistung zu Aufwendungen, die außerhalb seiner regelmäßigen Lebensgewohnheiten liegen (sogen. Luxusausgaben), veranlaßt wurde (vgl. z.B. Palandt, BGB, 15. Aufl., Anm. 6 A zu § 818 und Enneccerus-Lehmann "Schuldrecht", 14. Bearb. 1954, § 227 III 5). Ein solcher Fall ist vorliegend aber weder dargetan noch sonst ersichtlich. Unter diesen Umständen bedarf es hier auch keiner Erörterung, ob innerhalb des öffentlichen Rechts, zumindest im Rahmen des Lastenausgleichs, der Einwand der entfallenen Bereicherung überhaupt zulässig ist.

44

Nach alledem war das angefochtene Urteil aufzuheben und zwecks weiterer Aufklärung an die Vorinstanz zurückzuverweisen.

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Die Nebenentscheidung folgt aus § 334 LAG in Verbindung mit § 74 BVerwGG.