Rein vorsorglich nehme ich die in Artikel 10 EMRK garantierte Freiheit der Meinungsäusserung, das Recht auf freie Meinungsäusserung (vgl Art. 6 EUV i.V. mit Art. 11 I der Charta der Grundrechte der Europäischen Union; Art. 5 I 1 GG), und das das Recht auf freie Berichterstattung (vgl Art. 6 EUV i.V. mit Art. 11 II der Charta der Grundrechte der Europäischen Union; Art. 5 I 2 GG) in Anspruch.
Es geht mir um drei fundamentale Sachkomplexe:
1. die Vorenthaltung letztwilliger Verfügungen des letzten regierenden Fürsten zu Schaumburg Lippe
2. um die Frage, wer durch dieses Vorgehen begünstigt wird.
3. um die Frage, in welcher Betragshöhe die Begünstigung quantifiziert werden kann.
Das Staatsarchiv Bückeburg wurde im Dezember 2005 vom Gericht zur Ablieferung letztwilliger Verfügungen aufgefordert. Das Staatsarchiv kam der gerichtlichen Aufforderung nicht nach.
Alexander Prinz zu Schaumburg-Lippe erhielt auch eine gerichtliche Aufforderung (Januar 2006) Testamente und letztwillige Verfügungen an das Gericht abzuliefern.
Wenn das Staatsarchiv Bückeburg erklärt warum es einer Ablieferungspflicht nicht nachkommen kann, so gibt es damit zu, dass es über Unterlagen verfügt, die unter die Ablieferungspflicht fallen.
Mit anwaltlichem Schriftsatz liess mir Alexander drohen. Er drohte mir einer Schadensersatzklage in Höhe von mehr als 5 Millionen euro an. Klar wird WER durch die Vorenthaltung von Informationen begünstigt wird.
Ich habe das als Einschüchterungsversuch verstanden. Es sollte nicht der letzte sein.
Im Rahmen der Restitutionsvorgänge war das BmF Aufsichtsbehörde.
Hatte der 1945 Enteignete dem NS System in erheblichem Masse Vorschub geleistet, so ist er von den Leistungen des EALG ausgeschlossen, ebenso bei Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Das BmF schrieb, dass bei jedem eine Würdigkeitsprüfung stattfinden würde.
In einer internen Anweisung hatte das BmF angeordnet, dass Würdigkeitsprüfungen durchzuführen seien.
Viel früher hatte das BmF angewiesen, dass umfassende Archivrecherchen durchzuführen seien.
I
Es kam jedoch anders.
Erbrechtliche Unterlagen wurden vorenthalten
Staatsarchive verweigerten die Ablieferung von Urkunden ans Gericht; sie seien Treuhänder des "Fürsten"
Würdigkeitsprüfungen wurden fallengelassen;
Akteneinsicht wurde verweigert;
Die Beiladung der Miterben wurde abgelehnt;
Amtshilfepflichten unter Behörden wurden ausser Kraft gesetzt;
Durchsuchungsanordnungen wurden ausser Kraft gesetzt;
Interessant die Vorgehensweise des BmF:
1. 1996 Anweisung zur unbedingten Amtshilfe und Recherche
2. Februar 2005 Würdigkeitsprüfung sollen selbstverständlich durchgeführt werden
3. Juli 2006 Bitte um vollstänige Archivrecherche
4. Juli 2008 Selbst betrügerisch erlangte Lastenausgleichszahlungen oder an Rechtsnachfolger von NS Belasteten gewährte Zallungen sollen nach 10 Jahren (vorher 30 Jahren) nicht mehr zurückgefordert werden können (Änderung des Paragrafen 350 a LastenausglG). Da die meisten Zahlungen in den 70igern erfolgten kam die Verkürzung einer Aufhebung der Rückforderbarkeit gleich.
5. 2011: noch stärkere Verkürzung, nun auf vier Jahre
Gesetz über den Lastenausgleich (Lastenausgleichsgesetz - LAG)
§ 350a Erstattung und Verrechnung von Ausgleichsleistungen
Lastenausgleichsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Juni 1993 (BGBl. I S. 845; 1995 I S. 248), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 23. Mai 2011 (BGBl. I S. 920) geändert worden ist
- (1)
- Empfänger von Ausgleichsleistungen, deren Erben oder weitere Erben sind verpflichtet, zuviel erhaltene Beträge zurückzuerstatten, soweit nach diesem Gesetz oder nach allgemeinem Verwaltungsrecht ein Rückforderungsanspruch besteht. Der Rückforderungsanspruch kann außer in den Fällen des § 342 Abs. 2 und des § 349 sowie vorbehaltlich des Absatzes 2 nur innerhalb von vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Überzahlung erfolgte, geltend gemacht werden; die Frist beträgt zehn Jahre, wenn Empfänger von Ausgleichsleistungen die Überzahlung zu vertreten oder mitzuvertreten haben.
- (2)
- Rückforderungsansprüche können mit allen Ausgleichsleistungen, ausgenommen laufende Zahlungen von Kriegsschadenrente (§§ 261 ff.) sowie Sterbegeld (§ 292b), und mit allen fälligen Geldleistungen nach dem Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz verrechnet werden. Dies gilt auch, soweit ein Rückforderungsanspruch wegen Fristablaufs nach Absatz 1 Satz 2 nicht mehr geltend gemacht werden kann. Soweit ein zuviel erhaltener Betrag durch einen Anspruch auf Hauptentschädigung gedeckt ist, ist mit diesem zu verrechnen; bezieht der Berechtigte Entschädigungsrente oder Unterhaltshilfe auf Zeit, ist der nach § 266 Abs. 2 ermittelte Grundbetrag entsprechend zu kürzen. § 290 bleibt unberührt.
- (3)
- Für das Verfahren gilt § 343 Abs. 1 und 2 entsprechend.
Kein Normalbürger wäre um die Durchsuchungen herumgekommen. Bei jedem Normalbürger wären die Anträge auf Ausgleichsleistungen oder Vorkaufsrechte gewährt worden, wenn er die Einsichtnahme in Urkunden verweigert hätte, wenn er letztwillige Verfügungen vorenthalten hätte. Bei jedem Normalbürger wäre es zur akribischen Prüfung der Würdigkeit gekommen (Schlagwort Steinbruch Steinbergen).
Ich bedauere sehr, dass Herr Ralf Husemann nicht mehr bei der Süddeutschen Zeitung tätig ist. Fünf Jahre nach Erscheinen seiner Rezension möchte ich mich, vielleicht liest er doch mit, nochmals bei ihm bedanken. Seine Rezension hat keine Aktualität verloren. Vielleicht drückt der SZ Verlag ein Auge zu und mahnt mich nicht ab wegen des Abdrucks.
Geschäft auf Gegenseitigkeit. Schaumburg-Lippe und die Nazis
Dies ist kein Buch, sondern ein Steinbruch.
Wer sich aber durch das Geröll der endlos langen Dokumente, Briefe, Listen und Fragen des Autors („War ich nun auf der richtigen Spur?”) durchgearbeitet hat, der kann sogar einigen Erkenntniswert gewinnen. Alexander vom Hofe, ein Großneffe von Adolf von Schaumburg-Lippe, des letzten fürstlichen Herrschers dieses noch bis 1946 bestehenden norddeutschen Mini-Staates, hat sich seine Familie vorgenommen – und die hat es wahrlich in sich. Der Großonkel kam 1936 unter bis heute ungeklärten Umständen mit seiner Frau in Mexiko bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. Drei Brüder des Fürsten arrangierten sich mit den Nazis (Friedrich Christian brachte es gar zum Adjutanten von Goebbels). Doch der vierte (Heinrich), der Großvater des Autors, hatte nicht nur mit den Nazis nichts am Hut, er gehörte auch noch einer (alsbald verbotenen) Freimaurer-Loge an. Im Zentrum dieses Buches steht Prinz Wolrad, der nach dem mysteriösen Tod seines Bruders alles tat, um als neues „Oberhaupt” der Fürstenfamilie dessen Gesamtbesitz an sich zu reißen. Der Autor versucht nun nachzuweisen, dass die anderen Brüder (und damit auch sein Großvater Heinrich) um ihr Erbe betrogen wurden. Dem Rechtsanwalt Alexander von Hofe geht es aber um Grundsätzlicheres. Er sieht die Kumpanei der Familie mit den Nazis als Geschäft auf Gegenseitigkeit. Das Haus Schaumburg-Lippe behielt im Wesentlichen seine riesigen Besitztümer, auf denen dafür zum Teil kriegswichtige Produktionsstätten und Zwangsarbeiterlager eingerichtet wurden. 37 in einem Steinbruch ermordete Zwangsarbeiter sind namentlich bekannt, die tatsächliche Anzahl der Getöteten liegt vermutlich noch weit darüber. Eher niedere Chargen mussten sich später dafür rechtfertigen, gegen den blaublütigen Besitzer wurde aber nichts unternommen. Ein interessanter Nebenaspekt ist die Frage, ob der Verkauf des Bonner Palais Schaumburg, des späteren Dienstsitzes des Bundeskanzlers an die Wehrmacht rechtlich einwandfrei war. Ein anderes Thema sind die staatlichen Archive, die den Autor bei seinen Recherchen immer wieder abzuwimmeln versuchten. Das Thema ist offensichtlich noch brisant.
Ralf Husemann, Süddeutsche Zeitung print-Ausgabe vom 5 März 2007
Anfragen zum neuen Buch:
Alexander vom Hofe
Rechtsanwalt
Jose Ortega y Gasset 40-7D
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