Dieses Urteil ist auch 110 Jahre Geschichte.
Aktenzeichen: 2 A 1874/18 HGW
In dem Verwaltungsstreitverfahren
Beglaubigte Abschrift
VERWALTUNGSGERICHT GREIFSWALD
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
des Rechtsanwalts Alexander vom Hofe,
Jose Ortega y Gasset 40, 7° D, 28006 Madrid – Spanien, Kläger
gegen
das Finanzministerium Mecklenburg-Vorpommern, - Regelung offener Vermögensfragen , Schloßstraße 9-11, 19053 Schwerin,
Proz.-Bev.: Rechtsanwalt wegen
- Beklagter -
Entschädigungsrecht; hier Ausgleichsleistung
hat die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Greifswald aufgrund der mündlichen Verhandlung vom
3. August 2020
durch den Richter am Verwaltungsgericht ..... als Einzelrichter
für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung in Höhe der Vollstreckungsschuld vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung nach Maßgabe der Kostenfestsetzung abwenden, falls der Be- klagte nicht vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um Ansprüche des Klägers nach dem Ausgleichsleistungsgesetz und um ein Wiederaufgreifen des Verfahrens betreffend das Gut Boldebuck mit Mühlengeez.
Der Kläger ist Sohn der am 24.12.2008 verstorbenen D. H. und zusammen mit drei Geschwistern deren Erbe. Frau H. wiederum war Tochter von Heinrich Prinz zu Schaumburg-Lippe, dessen Alleinerbin und Mitglied der Erbengemeinschaft nach Fürst Adolf zu Schaumburg-Lippe.
Fürst Adolf zu Schaumburg-Lippe erbte 1911 von seinem Vater Fürst Georg das gesamte nicht zum fideikommissarischen Hausgut gehörige Vermögen. Dazu gehörten auch die streitgegenständlichen in Mecklenburg gelegenen Lehngüter.
Am 07.09.1911 erließ Fürst Adolf ein Hausgesetz. In Art. 1 dieses Gesetzes heißt es:
„Der zu Unserem privaten Vermögen gehörige unbewegliche Besitz, das ererbte Hausgut Unseres Fürstlichen Hauses soll für alle Zeiten im Mannesstamme unseres Hauses nach den Regeln der Erstgeburt und der Linealfolge vererben. Zu diesem Hausgute sind, samt allem Zubehör, alle Unsere Begüterungen in Schaumburg-Lippe, Lippe, Preußen, Oldenburg, Mecklenburg, Österreich-Ungarn und Argentinien nach dem Stande vom 15. August 1911 zu rechnen, soweit sie nicht zu dem dominialen Fi- deikommissgut Unseres Fürstlichen Hauses oder zu dem Paragium im Fürstentum Lippe gehören, oder einem der beiden später zugelegt werden. ...“
Unter dem 22.1.1912 beantragte die Fürstlich Schaumburg Lippische Zentralverwaltung die Anweisung an das Grundbuchamt, die Lehngüter auf den „jetzt regierenden Fürsten umzuschreiben“. Fürst Adolf wurde daraufhin – wie u.a. aus den Mitteilungen des Grund- buchführers beim Grundbuchamt für ritterschaftliche Landgüter vom 28.2.1940 und 12.10.1942 bzw. den bei den Akten befindlichen Einheitswertbögen hervorgeht -, für die Güter Boldebuck, Mühlengeez, Krümmel, Reinshagen, Vietgest, Nienhagen und Schwig- gerow im Grundbuch als Eigentümer eingetragen.
Am 31.1.1913 erließ Fürst Adolf ein weiteres Hausgesetz, um die vermögensrechtlichen Verhältnisse der Familie zu regeln. In § 23 dieses Gesetzes heißt es u.a.:
„Zum Hausvermögen gehören folgende Vermögensmassen:
-
Das Domanium als Inbegriff aller der Güter und Rechte ...
-
Das Lippische Paragium als Inbegriff der Vermögenswerte ...
-
Das aus den Früchten des Hausvermögens (unter 1 u. 2) und aus dem sonstigen
Privatvermögen vom Stifter des Hauses Schaumburg-Lippe geschaffene und von seinen Regierungsnachfolgern vermehrte Hausgut, das, herkömmlich als Fami- lienstammgut behandelt, in der durch das Hausgesetz vom 7. September 1911 festgestellten Geschlossenheit nach den Vorschriften dieses Hausgesetzes ver- waltet wird und sich als Familienfideikommiss im Mannesstamme des Fürstlichen Hauses nach dem Rechte der Erstgeburt und der Linealfolge vererbt (s. Anlage 2).
-
Das Krongut, d.h. die Gesamtheit ...“
Hinsichtlich des Domanialgutes schloss Fürst Adolf im Jahr 1920 mit dem Freistaat Schaumburg-Lippe einen Teilungsvertrag. Unter § 11 des Teilungsvertrages wurde Folgendes ausgenommen:
„Die dem Fürstlichen Hause Schaumburg-Lippe zufallenden Teile des bisherigen Domaniums und die zum Hausgut gehörenden Vermögenswerte bleiben als Familienfideikommissgut des vormals regierenden Fürstlichen Hauses Schaumburg-Lippe bestehen. Verwaltung und Nutzung behält das Oberhaupt des Fürstlichen Hauses.“
Unter dem 1.11.1923 bescheinigte die Schaumburg-Lippische Landesregierung, dass das Fürstliche Haus Schaumburg-Lippe in privatrechtlicher Hinsicht eine Rechtspersönlichkeit des bürgerlichen Rechts und als solche auch in der Gesetzgebung des Landes anerkannt worden sei.
In dem Hausgesetz vom 8.12.1923 bestimmte Fürst Adolf daraufhin unter § 1:
„Die Verfügung und Nutzung hinsichtlich des Hausgutes des Fürstlichen Hauses
Schaumburg-Lippe und zwar sowohl hinsichtlich des Hausvermögens im
Sinne des § 23 des Hausgesetzes vom 31. Januar 1913, wie hinsichtlich des von der
ehemaligen Kabinettskasse verwalteten Hausallods steht mit Wirkung vom heutigen
Tage ab dem Haus als solchem zu, das den Reinertrag ganz oder nach Abzug angemessener Rücklagen allen oder einzelnen Mitgliedern überweisen wird. ...“
Fürst Adolf verstarb am 26.3.1936. Er wurde von seinen Geschwistern Wolrad, Heinrich, Stephan und Friedrich Christian, Prinzen zu Schaumburg-Lippe, und von den Kindern der Baronin Herring-Frankensdorf, Sibylla und Hans Georg, beerbt.
Das Amtsgericht Bückeburg bescheinigte der Fürstlichen Hofkammer in Bückeburg am 18.9.1936, dass das Fürstliche Haus Schaumburg-Lippe eine selbständige juristische Person sei und zwar ein rechtsfähiger Verein im Sinne des BGB. Seine Satzungen würden jetzt das Hausgesetz vom 8.12.1923 mit Ergänzung vom 18.5.1925 bilden. Sein Vor- stand sei die Fürstliche Hofkammer. Da die Hofkammer keine eigene Rechtspersönlichkeit besitze, könne sie nicht als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen werden. Viel- mehr sei als Eigentümer der zum Fürstlichen Hausgut gehörenden Grundstücke das Fürstliche Haus Schaumburg-Lippe im Grundbuch einzutragen. Nach § 23 des Hausgesetzes vom 31.1.1913 in Verbindung mit Art. 1 des Hausgesetzes vom 7.9.1911 würden zum Hausvermögen des Fürstlichen Hauses neben anderen Vermögensmassen alle Begüterungen in Schaumburg-Lippe, Lippe, Preussen, Oldenburg, Mecklenburg, Oesterreich-Ungarn und Argentinien nach dem Stand 15.8.1911 gehören. Das Eigentum an diesem Hausvermögen sei durch das Hausgesetz vom 8.12.1923 von den bisherigen haus- gesetzlichen Bindungen befreit und in die juristische Person Fürstliches Haus Schaum- burg-Lippe eingebracht worden. Dies Hausgesetz sei durch § 2 des Schaumburg- Lippischen Gesetzes vom 30.4.1928 anerkannt worden. Soweit danach die oben erwähn- ten Begüterungen auf Grund der früheren fideikommissarischen Bestimmungen noch auf den Namen des am 26.3.1936 verstorbenen Fürsten Adolf zu Schaumburg-Lippe eingetragen seien, sei diese Eintragung seit Erlass des Hausgesetzes vom 8.12.1923 unrichtig.
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Der wirkliche Eigentümer dieser Begüterungen sei seit dem genannten Tage die juristische Person „Fürstliches Haus Schaumburg-Lippe“.
Das Mecklenburgische Staatsministerium – Abteilung Finanzen – erklärte unter dem 25.5.1939 gegenüber der Fürstlichen Zentralverwaltung, dass die Lehngüter Krümmel mit Ichlim und Troja, Reinshagen, Boldebuck und Mühlengeez nach dem Gesetz über das Erlöschen der Familienfideikommisse und sonstiger gebundener Vermögen vom 6.7.1938 (FidErlG) mit Beginn des 01.01.1939 freies Eigentum geworden seien und dass das lehnsherrliche Obereigentum des Landes Mecklenburg erloschen sei. Durch Beschluss des Fideikommisssenats des OLG Celle vom 5.1.1940 einigten sich die Prinzen Stephan, Friedrich Christian und Heinrich mit Prinz Wolrad über das Hausvermögen. Alle Ansprüche gegen den „Fürsten“ und das Fürstliche Haus sollten damit abgegolten sein. Dagegen legten die Prinzen Heinrich und Friedrich Christian Beschwerde ein; über diese wurde je- doch nicht entschieden.
Durch Beschluss des Vorsitzenden des Fideikommisssenats des OLG Celle vom 25.5.1940 wurde Wolrad ermächtigt, gemäß § 30 Abs. 1, 11 Abs. 2 und 24 FidErlG und § 86 der Durchführungsverordnung zu diesem Gesetz vom 20.3.1939 (DVFidErlG) den im Grundbuch des Gutes Vietgest verzeichneten Grundbesitz zu belasten.
Der 9. Fideikommisssenat des OLG Celle bescheinigte unter dem 17.06.1940, dass seit Erlass des Hausgesetzes vom 08.12.1923 das Fürstliche Haus Schaumburg-Lippe Eigentümer aller dem Chef des Fürstlichen Hauses Schaumburg-Lippe zustehenden Vermögenswerte geworden und die rechtliche Gebundenheit des Hausvermögens erloschen sei. Bei der Auflösung habe es nach § 2 des Schaumburg-Lippischen Gesetzes über die Aufhebung der Standesvorrechte des Adels und die Auflösung des Hausvermögens vom 30.04.1928 sein Bewenden behalten. Nach § 86 Abs. 2 Satz 1 der DVFidErlG gelte aber die Auflösung als noch nicht durchgeführt. Als Inhaber des Hausvermögens im Sinne des § 86 Abs. 2 Satz 5 DVFidErlG und damit als Versorgungsberechtigter habe sich Wolrad Prinz zu Schaumburg-Lippe in Hagenburg am Steinhuder Meer ausgewiesen. Bis zur Erteilung des Auflösungsscheins sei der Inhaber des Hausvermögens gemäß § 11 Abs. 2 i.V.m. mit § 30 FidErlG in der Verfügung über das Hausvermögen beschränkt.
Der Reichsminister der Justiz stellte unter dem 09.09.1941 auf Grund des § 86 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 Satz 6 DVFidErlG fest, dass Wolrad Prinz zu Schaumburg-Lippe in
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Bückeburg bei dem ehemaligen Fürst Schaumburg-Lippischen Hausvermögen die Rechtsstellung des Hausgutsinhabers einnehme.
Prinz Wolrad beantragte unter dem 9.3.1942 beim Mecklenburgischen Staatsministerium in Schwerin, ihn – Prinz Wolrad - als „Folger“ in die Lehngüter Reinshagen, Boldebuck, Mühlengeez und Krümmel anzuerkennen und die Anerkennungsurkunde zu übersenden. Das Ministerium übersandte unter dem 13.06.1942 die lehnsherrlichen Anerkennungen des Prinzen Wolrad als Besitzer der Güter Krümmel, Reinshagen, Boldebuck und Müh- lengeez. Dem OLG Rostock legte Prinz Wolrad diese dann vor und beantragte, ihn als Eigentümer des bisherigen Lehngutes Reinshagen im Grundbuch einzutragen. Unter dem 28.01.1943 wurden Lehnsauflösungsscheine für die ritterschaftlichen Landgüter Boldebuck, Reinshagen und Mühlengeez sowie Krümmel mit Ichlim und Troja durch das OLG Celle ausgestellt. Unberührt bleibe – so das OLG Celle - die Zugehörigkeit zu dem Schaumburg-Lippischen Hausvermögen, so dass der Besitzer nur nach Maßgabe der §§ 11 Abs. 2, 24, 30 FidErlG darüber verfügen könne.
Im Jahre 1942 wurde Prinz Wolrad als Eigentümer der Güter Krümmel, Boldebuck, Reinshagen, Nienhagen und Vietgest im Grundbuch als Eigentümer eingetragen. Ausweislich des Einheitswertbescheids vom 13.01.1943 sei das Landgut Schwiggerow auf Prinz Wolrad übergegangen. Durch Lehnsauflösungsschein vom 28.01.1943 bescheinigte der 9. Fideikommisssenat des OLG Celle, dass die Lehnseigenschaft betreffend die Landgüter Krümmel mit Ichlim und Troja, Reinshagen. Boldebuck und Mühlengeez erloschen und mit dem Freiwerden des Lehnsvermögens das lehnsherrliche Obereigentum weggefallen sei. Unberührt bleibe jedoch die Zugehörigkeit zu dem Schaumburg- Lippischen Hausvermögen, so dass der Besitzer nur nach Maßgabe der §§ 11 Abs. 2, 24, 30 FidErlG verfügen könne. Ausweislich der Beschlüsse des 9. Fideikommisssenats des OLG Celle vom 16.8.1943 und 21.10.1943 gehörten die Güter Krümmel, Vietgeest, Reinshagen, Nienhagen mit Hütte und Schwiggerow sowie Boldebuck, für deren Fläche Schutzforste gebildet wurden, zum Schaumburg-Lippeschen Hausvermögen; Prinz Wol- rad sei deren Inhaber.
Am 16.7.1944 teilte das OLG Celle dem Reichsminister der Justiz mit, dass die Auflösung des Schaumburg-Lippischen Hausvermögens, die nach § 86 Abs. 2 Satz 1 DVFidErlG als noch nicht durchgeführt gelte, noch nicht zum Abschluss gebracht sei. Insbesondere sei noch kein Auflösungsschein erteilt worden.
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Aufgrund der Anregung durch den Fideikommisssenat des OLG Celle vom 30.3.1950 schloss Prinz Wolrad mit den Prinzen Stephan, Heinrich und Friedrich Christian einen Vergleich. Die Gültigkeit der Beschlüsse des OLG Celle – Fideikommisssenat – vom 5.1.1940 wurde darin von allen Beteiligten anerkannt.
Der Fideikommisssenat des OLG Celle beschloss am 02.01.1953, dass das Fürstliche Hausgut mit dem Beginn des 1. Juli 1939 in der Hand des jetzigen Hausgutinhabers, des „Fürsten“ Wolrad zu Schaumburg-Lippe, in Hagenburg freies Eigentum geworden sei.
Philipp-Ernst Prinz zu Schaumburg-Lippe beerbte Prinz Wolrad, der am 15.6.1962 ver- starb. Alexander Prinz zu Schaumburg-Lippe beerbte seinen am 28.9.2003 verstorbenen Vater Prinz Philipp.
Unter dem 27.6.1990 meldete Prinz Philipp vermögensrechtliche Ansprüche an. Durch Bescheid vom 15.03.1993 lehnte das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen Mecklenburg-Vorpommern (Landesamt) den Rückübertragungsantrag ab. Nachdem Prinz Philipp die gegen den bezeichneten Bescheid erhobenen jeweiligen Klagen zurückgenommen hatte, wurden die Verfahren durch Beschlüsse vom 26.10.1993 und 04.11.1993 eingestellt.
Mit Schreiben vom 12.05.1995 beantragte Prinz Philipp eine Ausgleichsleistung nach dem Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz für die im Zuge der sogenannten Boden- reform entschädigungslos enteigneten landwirtschaftlichen Güter in Vietgest (1.078 ha), Nienhagen (904 ha) mit Hütte Nienhagen und Schwiggerow (710 ha) sowie Reinshagen (490 ha), den Langhagen-See und Krümmel mit Troja und Ichliem (1.055 ha) sowie für das hier streitgegenständliche Gut Boldebuck (1.076 ha) mit Mühlengeez (260 ha).
Mit Urteil vom 27.3.2003 (Az. 7 U 159/02) entschied das Oberlandesgericht Celle, dass diese Güter zunächst im Eigentum des Fürsten Adolf gestanden hätten, jedoch kein Fall für erbliches Privatvermögen des Fürsten Adolf gewesen seien und deshalb nicht gemäß §§ 1922, 2032 BGB in das gemeinschaftliche Vermögen der Erbengemeinschaft hätten übergehen können. Dieser Grundbesitz sei zunächst als Bestandteil des Hausvermögens angesehen worden, welches zunächst durch das Hausgesetz vom 1.12.1923 in das Ei-
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gentum des fürstlichen Hauses Schaumburg-Lippe übergegangen und sodann am 1.7.1939 freies Vermögen des Prinzen Wolrad geworden sei.
Mit Urteil vom 20.12.2006 verpflichtete das Verwaltungsgericht Greifswald das Landesamt, D. H., die Mutter des Klägers, die von diesem vertreten worden war, zu dem Verfahren auf Gewährung von Ausgleichsleistungen auf den Antrag des Philipp Ernst Prinz zu Schaumburg-Lippe hinzuzuziehen (5 A 1302/05).
Das Landesamt lehnte den Antrag auf Ausgleichsleistung durch Bescheid vom 24.7.2007 (Aktenzeichen 13100 A 16439/32-1) gegenüber Alexander Prinz zu Schaumburg-Lippe ab. Auf dessen Klage hin verpflichtete die Kammer mit rechtskräftigem Urteil vom 5.4.2011 (2 A 1175/07) das Landesamt unter Aufhebung seines Bescheides vom 24.7.2007, festzustellen, dass Alexander Prinz zu Schaumburg-Lippe einen Anspruch auf eine Entschädigung für die im Zuge der Bodenreform enteigneten Güter in Vietgest, Nienhagen mit Hütte Nienhagen und Schwiggerow sowie Reinshagen, Boldebuck mit Mühlen- geez, den Langhagen-See und Krümmel mit Troja und Ichliem hat. Zur Begründung führte das Gericht im Urteil aus, der Ausschlusstatbestand nach § 1 Abs. 4 Ausgleichsleistungsgesetz sei nicht erfüllt. Alexander Prinz zu Schaumburg-Lippe sei der Erbeserbe des Prinzen Wolrad, der Privateigentümer der bezeichneten Güter gewesen sei und das Eigentum an den bezeichneten Gütern auf Grundlage der sog. Bodenreformverordnung entschädigungslos auf besatzungshoheitlicher Grundlage verloren habe. Diese zunächst im Eigentum seines Vaters, des Fürsten Adolf, stehenden Besitzungen seien kein frei vererbliches Privatvermögen des Fürsten Adolf gewesen und hätten demzufolge nicht gemäß §§ 1922, 2032 BGB in das gemeinschaftliche Vermögen der Erbengemeinschaft übergehen können. Neben dem unveräußerlichen und unteilbaren Fideikommissvermögen (Domanium) hätte Fürst Georg zu Schaumburg-Lippe noch erhebliches Privatvermögen besessen. Dies hätte auch aus den bezeichneten (Lehn-)Gütern in Mecklenburg bestanden. Das ererbte Privatvermögen sei von dem Fürsten Adolf noch im Jahre 1911 zum Hausgut verbunden worden. Die zum Hausgut verbundenen Grundstücke seien auch nicht zu einem späteren Zeitpunkt frei vererbliches Vermögen des Fürsten Adolf geworden. Das nach dem Eintritt des Erbfalls stattgefundene Fideikommissauflösungsverfahren hätte auf diese Rechtslage keinen Einfluss gehabt. Es könne offenbleiben, ob das Fürstliche Haus jemals Eigentümer der Güter geworden sei. Zwar hätten die Brüder des Prinzen Wolrad Ansprüche gegen das Hausgut erhoben und gegen den Beschluss vom 5.1.1940, mit dem eine Einigung erzielt worden war, Beschwerde eingelegt, jedoch ändere dieser Umstand nichts
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an der allseits akzeptierten Hausgutsinhaberschaft des Prinzen Wolrad. Da am 1.7.1939 ein Eigentumsübergang der Güter auf Prinz Wolrad stattgefunden habe, könne Alexander Prinz zu Schaumburg-Lippe als Erbeserbe Ansprüche auf Ausgleichsleistungen für alle Güter – darunter das streitgegenständliche gut bei Oldenburg – geltend machen.
Bereits mit Schreiben vom 27.11.2001 hatte D. H., vertreten durch den Kläger, unter Bezugnahme auf den am 12.5.1995 gestellten Antrag von Philipp Ernst Prinz zu Schaumburg-Lippe die Zahlung einer Ausgleichsleistung beantragt mit der Begründung, eine frühere Antragstellung sei wegen unzumutbarer Schwierigkeiten nicht möglich gewesen. Aus beigefügten Unterlagen geht hervor, dass dieser Antrag zugunsten der Erbengemeinschaft nach Fürst Adolf wirken sollte.
Mit Bescheid vom 5.1.2010 (Az. 13100 A 1478/32-1) erklärte das Landesamt gegenüber dem Kläger den von Frau D. H. gestellten Antrag auf Ausgleichsleistung, welcher zugunsten der Erbengemeinschaft nach Fürst Adolf zu Schaumburg-Lippe wirken solle, als unbegründet und stellte fest, dass dieser Antrag nicht innerhalb der Anmeldefrist von § 6 Abs. 1 Satz 3 Ausgleichsleistungsgesetz gestellt worden ist und eine Nachsichtsgewährung nicht in Betracht kommt. Zur Begründung führte das Landesamt aus, der erst im Jahr 2001 gestellte Ausgleichsleistungsantrag sei zeitlich nicht vor Ablauf der Anmeldefrist von § 6 Abs. 1 Satz 3 Ausgleichsleistungsgesetz gestellt worden. Das Bundesverwaltungsgericht habe entschieden, dass die Nichteinhaltung der Frist des § 30 a Vermö- gensgesetz zum Ausschluss des materiell-rechtlichen Anspruches führe. Gleiches gelte auch für die Ausschlussfrist von § 6 Abs. 1 Satz 3 Ausgleichsleistungsgesetz. Auch eine Nachsichtsgewährung komme nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht in Betracht. Danach verlange der Zweck der Ausschlussfrist deren Beachtung, wenn zu einem rechtzeitig gestellten, aber noch nicht beschiedenen Antrag auf Rückübertragung eines bestimmten Vermögenswertes ein weiterer Antrag hinzukomme, mit dem ein anderer Schädigungstatbestand oder eine andere Person als ursprünglicher Rechtsinhaber in das Verfahren eingeführt werde. Da die Mutter des Klägers den Antrag für die Erbengemeinschaft nach Fürst Adolf gestellt habe, scheide die Fiktion eines fristgemäßen Antrags bzw. eine Nachsichtsgewährung aus, obgleich ein Erbe – Philipp Ernst – eines anderen Mitgliedes – Wolrad – dieser Erbengemeinschaft nach Fürst Adolf einen fristgerechten Antrag gestellt habe. Dieser zwischenzeitlich verstorbene Erbe mache geltend, sein Rechtsvorgänger Wolrad sei Alleineigentümer der Vermögenswerte geworden. Somit hätte die Mutter des Klägers eine andere Person – nämlich die Erbengemeinschaft nach
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Fürst Adolf – als ursprünglicher Rechtsinhaber in das Verfahren eingeführt. Nur, wenn der Rechtsnachfolger von Philipp Ernst mit seinem Vorbringen des Alleineigentums von Wolrad in der Sache keinen Erfolg hätte, könne er den seinerzeit fristgemäß gestellten Antrag mit dem Vorbringen des Alleineigentums von Wolrad umstellen und Rechte der Erbengemeinschaft nach Fürst Adolf geltend machen, weil Wolrad Mitglied der Erbengemeinschaft nach Fürst Adolf hinsichtlich dessen „Privatvermögens“ gewesen sei. Im Falle einer Nichtumstellung bestehe kein Bedürfnis für eine Nachsichtgewährung. Erfolge eine solche Klarstellung nicht, verbleibe kein Raum für eine Nachsichtgewährung zugunsten der anderen Erben. Miterben könnten sich zivilrechtlich verständigen. Das Bundesverwaltungsgericht habe entschieden, dass der im eigenen Namen fristgemäß gestellte Antrag eines Mitgliedes einer Erbengemeinschaft anderen Miterben zu Gute komme, dieser Antrag den anderen Erben jedoch nicht die Position eines Antragstellers vermittele. Werde der fristgemäße Antrag zurückgenommen, könnten die anderen Mitglieder der Erbengemeinschaft nur durch einen eigenen fristgemäßen Antrag den materiellen Ausschluss des Anspruchs verhindern.
Die hiergegen am 2.2.2010 erhobene Klage (6 A 72/10) nahm der Kläger mit Schriftsatz vom 27.6.2011 zurück, nachdem ihn das Gericht darauf hingewiesen hatte, dass nach dem rechtskräftigen Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 5.4.2011 im Verfahren 2 A 1175/07 Anspruchsberechtigter nach dem Ausgleichsleistungsgesetz der dortige Kläger Alexander Prinz zu Schaumburg-Lippe als Erbeserbe nach dem früheren Eigentümer der streitgegenständlichen Vermögenswerte Wolrad Prinz zu Schaumburg-Lippe sei und daher eine Erbengemeinschaft nach Adolf Fürst zu Schaumburg-Lippe als Anspruchsberechtigte nach dieser Entscheidung ausscheide.
Unter dem 27.1.2018 beantragte der Kläger beim Beklagten das Wiederaufgreifen des Verfahrens 13100 A 1478132-1. Zudem beantragte der Kläger unter dem 10.2.2018 die Rücknahme des Bescheides im Verfahren 13100 A 1649132-1 und auf Erlass eines Erstattungsbescheides vom 10.2.2018. Zur Begründung gab er an, ihm seien am 27.11.2017 neue Beweismittel zur Verfügung gestellt worden, die eine günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden. Hilfsweise beantragte er eine ermessensfehlerfreie Neuentscheidung der Behörde. Es liege eine Erheblichkeit des Wiederaufgreifensgrundes vor, denn die Entscheidung der Behörde hätte bei Berücksichtigung der eingereichten Beweismittel anders gelautet, da sie Nachsicht gewährt und dem Antrag stattgegeben hätte. Ob das Verfahren wieder aufzugreifen sei, sei auf der Grundlage der den
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bestandskräftigen bescheidtragenden Rechtsauffassung zu beurteilen. Die Grundlage der tragenden Rechtsauffassung in diesem Verfahren sowie in dem, denselben Lebenssachverhalt betreffenden, Verfahren 13100 A 1649/32-1, sei gewesen, dass die ungeteilte Erbengemeinschaft nach Adolf Fürst zu Schaumburg-Lippe enteignet worden sei und der fristgemäße Antrag von Philipp-Ernst Prinz zu Schaumburg-Lippe nach seinem Vater, Wolrad Prinz zu Schaumburg-Lippe, den Rechtsnachfolgern der Erbengemeinschaft nicht zugute käme, solange der Antrag nicht auf die Erbengemeinschaft umgestellt würde. Nachsicht sei zu gewähren.
Bei den Beweismitteln handele es sich um Urkunden aus Akten der sogenannten fürstlichen Hofkammer, die sich im Besitz eines Dritten befänden. Es handele sich dabei um unvorhersehbare Zufallsfunde. Zu den vom Kläger einzeln bezeichneten Aktenbestandteilen gab der Kläger an, dass diese folgendes belegen würden: eine Blockade durch die Richter, durch die Justiz, einen Parteiverrat des gegnerischen Rechtsanwalts Siebert, der die Prinzen vertreten hätte, Parteiverrat, Informationssperren, Machtmissbrauch und Machenschaften. Hier sei in schwerwiegendem Maße eine Stellung zum eigenen Vorteil oder zum Nachteil Anderer missbraucht worden. Hierdurch sei der Ausschlusstatbestand nach § 1 Abs. 4 Ausgleichleistungsgesetz erfüllt. Die Nachweise würden belegen, dass von Anfang an Täuschung, Machtmissbrauch, Machenschaften und Verrat probate Mittel gewesen seien, um Prinz Heinrich auszuschalten, dies in Kenntnis der Gerichte. Ein Beleg dafür, dass Alexander Prinz zu Schaumburg-Lippe den Staat angewiesen habe, berechtigten Miterben keine Auskünfte zu erteilen, sei eine E-Mail gegenüber dem Kläger von sei- nem Vetter. Die Urkunden belegten eine Kontinuität der systematischen und fortgesetzten Informationsunterbindung zulasten des Stammes Heinrich Prinz zu Schaumburg-Lippe und dessen Rechtsnachfolger. Das Landesamt hätte daher die Möglichkeit der Nachsichtgewährung nicht ausschließen dürfen. Es würde staatliches Fehlverhalten vorliegen in Form des Fehlverhaltens der Nachlassgerichte Bückeburg und Stadthagen sowie eines aktiven Verhinderns des Zugangs zu Informationen durch Philipp Ernst Prinz zu Schaumburg-Lippe; das Verhalten des Nachlassgerichts sei nicht rechtmäßig gewesen. Dazu würden die neu aufgetauchten Urkunden der „Hofkammer“, die eine mafiöse Vorgehens- weise dokumentierten, passen. Gegen die Familie der Klägerin seien unzumutbare Schwierigkeiten aufgebaut worden. Es seien zahlreiche Quellen abhandengekommen oder verboten gewesen. Eine weitere Begründung für ein kausales staatliches Fehlverhalten bestehe in dem rechtswidrigen Zusammenwirken der Gerichte, des Staatsarchivs und der „Hofkammer“.
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Der Kläger teile weitgehend die Ausführung des Landesamtes aus dem Bescheid vom 24.7.2007, nicht aber die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts Greifswald im Urteil zum Verfahren 2 A 1175/07.
Nachdem der Beklagte dem Kläger seine beabsichtigte Entscheidung mitgeteilt hatte, teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass seine jetzigen Anträge getrennt zu führen seien. Mit dem Antrag auf Rücknahme des Bescheides im Verfahren 13100 A 1649/32-1 habe er nicht den Erlass eines Erstattungsbescheides zu seinen Gunsten beantragt, sondern beantrage er die Erstattung an den Staat/Land/Bund. Begehrt werde die Rücknahme des Bescheides zugunsten Alexander Prinz zu Schaumburg-Lippe und Erstattung an das Finanzministerium, damit keine Doppelbelastung für den Staat eintrete. Er sei Erbeserbe nach Georg Fürst zu Schaumburg-Lippe, Adolf Fürst zu Schaumburg-Lippe, Heinrich Prinz zu Schaumburg-Lippe und D. H. und zudem Inhaber sämtlicher Forderungen und Ansprüche, die das Verfahren beträfen, da sämtliche Rechte an ihn abgetreten seien. Daher beantrage er selbst das Wiederaufgreifen des Verfahrens 13100 A 1478.
Mit Bescheid vom 7.11.2018, dem Kläger am 14.11.2018 zugestellt, lehnte der Beklagte den Antrag auf Wiederaufgreifen des mit Bescheid vom 5.1.2010 bestandskräftig abgeschlossenen Verwaltungsverfahrens A. Z.: 13100 A 1478132-1 ab. Zur Begründung führte er aus:
„Der Antrag ist gem. § 51 Absatz 2 VwVfG M-V möglicherweise bereits unzulässig, da der Antragsteller die zunächst gegen den Bescheid erhobene Klage lediglich mit der Begründung zurückgenommen hat, er könne in "dieser Angelegenheit kein faires Verfahren erwarten".
Dies kann aber dahingestellt bleiben, da der Antrag jedenfalls unbegründet ist.
Ohne Anlass zu Zweifeln ist der ursprüngliche Antrag der Frau D. H., seinerzeit anwaltlich vertreten durch ihren Sohn, den jetzigen Antragsteller (sowie sich selbst als Vertreter der Erbengemeinschaft bezeichnend) nicht vor Ablauf der Anmeldefrist von § 6 Absatz 1 Satz 3 AusglLeistG gestellt worden.
Damit kommt es hier zunächst auf die Frage an, ob eine Nachsichtgewährung im Hinblick auf die versäumte Ausschlussfrist unter Beachtung der nunmehr vorgelegten Beweismittel geboten gewesen wäre. Abzustellen ist dabei auf die seinerzeit tragende Rechtsauffassung.
Die mit dem Antrag auf Wiederaufgreifen vorgelegten Unterlagen vermögen allerdings nicht zu einer anderen Rechtsauffassung zu führen, als sie für den Erlass des Ausgangsbescheides tragend war.
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Unter Hinweis auf höchstrichterliche Rechtsprechung zur Nachsichtgewährung wurde seinerzeit selbige abgelehnt, da die Klage gegen den Bescheid vom 24.07.2007 in dem Verfahren 13100 A 1649/32-1 vor dem Verwaltungsgericht Greifswald noch anhängig war. Damit war seinerzeit offen, ob das Verwaltungsgericht den Bescheid vom 24.07.2007, der das Alleinerbe des Herrn Wolrad Prinz zu Schaumburg-Lippe für die Mecklenburger Besitzungen zunächst negiert hatte, bestätigen würde. Somit hätte der fristgerecht gestellte Antrag des Herrn Philipp-Ernst Prinz zu Schaumburg-Lippe ggfls. noch auf die Erbengemeinschaft umgestellt werden können. Bei Verweigerung der Umstellung hätte hierzu der Zivilrechtsweg offen gestanden. Für den Fall aber, dass das Gericht das Alleineigentum von Herrn Wolrad Prinz zu Schaumburg-Lippe feststellt, wäre eine Nachsichtgewährung ohnehin ins Leere gegangen.
Die nunmehr vorgelegten Unterlagen würden zu keiner anderen rechtlichen Wertung führen.
Auch bei Vorlage dieser Unterlagen hätte der Bescheid nicht anders lauten können, da der zugrunde liegende Lebenssachverhalt bereits Gegenstand eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens war und schon allein deshalb kein Grund zur Nachsichtgewährung bestand.
Durch das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 05.04.2011 (2 A 1175/07), das sich ganz wesentlich auf die Feststellungen im Urteil des OLG Celle vom 27.03.2003 (7 U 159/02) stützt, ist dann rechtskräftig das Alleineigentum des Herrn Wolrad Prinz zu Schaumburg-Lippe festgestellt worden. Damit wäre eine Nachsichtgewährung tatsächlich ins Leere gegangen. Auch wenn das Urteil keine unmittelbar gestaltende Drittwirkung für dieses Verfahren ausübte, so hatte es doch die relative Wirkung, dass durch die Feststellung des Alleineigentums des Herrn Wolrad Prinz zu Schaumburg-Lippe, denknotwendigerweise eine Eigentümersteilung der Erbengemeinschaft nach Adolf Fürst zu Schaumburg- Lippe ausgeschlossen war. Somit konnte auch kein Anspruch der Erbengemeinschaft auf Ausgleichsleistung bestehen.
Der Antrag von Frau D. H. (bzw. der Erbengemeinschaft) wäre also in jedem Falle abzulehnen gewesen, denn die Rechtsauffassung, wonach seinerzeit keine Nachsicht hinsichtlich der Fristversäumung zu gewähren war, wird durch die vorgelegten Unterlagen nicht tangiert.
Die Unterlagen sind im Übrigen auch insofern nicht "neu", als sie lediglich den bisherigen, umfangreichen Vortrag des Antragstellers vertiefen, der die Jahrzehnte lange Auseinandersetzung im Hause Schaumburg-Lippe wiederspiegelt.“
Am 4.12.2018 hat der Kläger Klage erhoben. Er trägt vor, der Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens beziehe sich nur auf Boldebuck mit Mühlengeez, nicht auf die Vermögenswerte Vietgest, Nienhagen mit Hütte Nienhagen und Schwiggerow sowie Reinshagen, den Langenhagen-See und Krümmel mit Troja und Ichliem. Er klage im eigenen Namen und als Mitglied der Erbes-Erbengemeinschaft nach Adolf Fürst zu Schaumburg- Lippe. Es werde nicht im Namen der Erben von Stefan Prinz zu Schaumburg-Lippe, Fried-
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rich Christian Prinz Schaumburg-Lippe und Wolrad zu Schaumburg-Lippe geklagt, ebenso wenig im Namen der Familie Herring Frankensdorf. Die Klage beantrage das Wiederaufgreifen des Verfahrens im Hinblick auf Entschädigung für 1/5 des Vermögenswertes Boldebuck mit Mühlengeez.
Die Entscheidung einer Ablehnung wegen Verfristung und Ablehnung einer Nachsicht am 5.1.2010 sei nicht einmal von einer Rechtsauffassung getragen worden, die rechtsirrig oder rechtlich vertretbar oder rechtswidrig erschienen sei. Der Bescheid sei von gar keiner Rechtsauffassung getragen worden. Es gebe keine Rechtsauffassung, die am 5.1.2010 eine Verfristigung habe begründen können. Es handele sich um einen Verstoß gegen das Willkürverbot. Die Begründung sei nicht rechtlich, sondern taktisch bedingt. Auch sei nicht von einer Rechtsauffassung getragen, dass das Verfahren am 5.1.2010 entscheidungsreif gewesen sei, weil das Verwaltungsgericht Greifswald einen Anspruch auf Einsichtnahme in das Verfahren von Alexander Prinz zu Schaumburg-Lippe verneint habe. Ebenso wenig sei von einer Rechtsauffassung getragen, dass eine Nachsichtgewährung nicht in Betracht komme, weil die Mutter des Klägers den Antrag für die Erbengemeinschaft nach Fürst Adolf gestellt habe. Es gebe keine Rechtsprechung, die einen fristgemäßen Antrag bzw. eine Nachsichtgewährung ausschließe, obgleich ein Erbe eines anderen Mitglieds einer Erbengemeinschaft einen fristgerechten Antrag gestellt habe. Unterstellt, es handele sich bei diesen unzulässigen rechtsstaatswidrigen Rechtsauffassungen aufgrund bewusster Falschzitate, selbstgeschaffener Rechtssätze um Rechtsauffassung im rechtsstaatlichen Sinne, wäre Folgendes passiert, wenn die Urkunden vorgelegen hätten: Das Amt hätte sich viel mehr Mühe geben müssen. Es hätte die Unwürdigkeit Wolrads wegen unlauterer Machenschaften von Amts wegen prüfen müssen. Es hätte den einschlägigen Beleg für die Schädigung der Erbengemeinschaft gehabt, es hätte die Urkunden beim VG Greifswald im Verfahren Alexander Prinz zu Schaumburg-Lippe eingeführt und ganz andere Stellen hätten sich dafür interessiert. Eine Ablehnung wegen Verfristung und Versagung der Nachsichtgewährung wäre am 5.1.2010 mit Sicherheit nicht ergangen. Keine Rechtsauffassung, nur Willkür hätte eine Versagung tragen können. Hinzu käme, dass die aufgeführten Urkunden dem Verwaltungsgericht Greifswald vorgelegt worden wären. Die neuen Beweismittel hätten eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt. Die Beweismittel hätten zugleich zwei Aspekte positiv beeinflusst: die Stärkung der bereits favorisierten Rechtsauffassung, dass die Erbengemeinschaft geschädigt worden sei und die sich daraus ergebende Favorisierung der Eröffnung einer Prüfung der Nachsichtgewährung, falls es zur Antragsumstellung nicht gekommen wäre, unter Beachtung der Ge-
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samtschau der Ereignisse. Die von keiner Rechtsauffassung getragene Entscheidung in Form des Bescheides vom 5.1.2010 wäre bei Vorliegen der Urkunden nicht ergangen. Überzeugung und Rechtsauffassung des Landesamtes sei von 2005 bis zur mündlichen Verhandlung am 5.4.2011 weiterhin gewesen, dass die Erbengemeinschaft geschädigt worden sei. Das habe bedeutet, dass es von der Lehenserbengemeinschaftsschädigung ausgegangen sei. Und es ergebe sich daraus, dass die Brüder geprüft worden seien. Es wäre am 5.1.2010 umso weniger zu einer Ablehnung wegen Verfristung gekommen, auch nicht zu einer Entscheidung wegen Versagens der Nachsichtgewährung, die Sache wäre am 5.1.2010 nicht entscheidungsreif gewesen.
Der Wiederaufgreifenstatbestand erfasse in allen seinen Varianten alle unanfechtbaren Verwaltungsakte, ohne nach dem Grund deren Bestandskraft zu differenzieren. Auch die gerichtliche Bestätigung eines Ausgangsbescheides schließe einen Wiederaufgreifensanspruch nicht aus. Im hier einschlägigen Fall werde das Wiederaufgreifen eröffnet, da die neue Beweislage bei ihrer Berücksichtigung im Erstverfahren für sich genommen zu einer für den Betroffenen günstigeren Entscheidung geführt hätte. Es gebe einen eindeutigen Beweis gegen die direkte Umsetzung der Hausgesetze bzw. der Gesetzeskraft derselben. Es fehle eine Mitwirkung Adolfs und später eine Mitwirkung der Miterben. Es sei rechtsfehlerhaft, mithilfe der „Hausgesetze“ nachträglich die Eigentümerposition Adolfs so umzugestalten, dass Adolf Fürst zu Schaumburg-Lippe vollkommen vermögenslos gestellt werde, sozusagen auf alles verzichtet habe und vermögenslos gestorben sei. Den Hausgesetzen sei nur eine hausinterne Bedeutung zugekommen. Der Kläger wisse, dass die Bekanntmachung nicht stattgefunden habe. Nur durch eine Konstruktion an Adolfs Willen vorbei gelinge die Unterstellung von Verzicht und einer Verneinung von Nachlass. Das Nachlassgericht habe nicht dem zuständigen Grundbuchamt von dem Erbschein und den Erben Mitteilung gemacht. Mit Schreiben vom 22.11.2006 habe sich der Kläger auf § 891 BGB berufen, wonach zugunsten des im Grundbuch eingetragenen Eigentümers vermutet werde, dass ihm das Eigentum zustehe. Die Bescheinigung des Fideikommisssenats des OLG Celle vom 17.6.1940 sei nicht rechtskräftig geworden. Der Kläger berufe sich zugunsten Adolf Fürst zu Schaumburg Lippe und seiner Erbengemeinschaft auf § 891 BGB, wonach zugunsten des im Grundbuch eingetragenen Eigentümers vermutet werde, dass ihm das Eigentum zustehe. Er habe seit 1912 im Grundbuch gestanden. Die Bescheinigung vom 17.6.1940 habe nicht einem Erbschein entsprochen. Eine derartige Gleichstellung sei grundrechtswidrig. Adolfs Erben hätten das Waldgebiet im Jahre 1941 buchmäßig ersessen. Das habe bedeutet, dass Wolrad 1944 kein Eigentümer des Grund-
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stücks gewesen sei und am 9.5.1945 auch nicht Eigentümer der mecklenburgischen Güter einschließlich Boldebuck.
Wolrad sei nie als Eigentümer eingetragen gewesen, sondern als Inhaber des Hausgutes. Er sei daher kein Eigentümer gewesen. Adolf sei 1942 noch eingetragen gewesen. Die Grundakten seien nach Celle gewandert und hätten dort fast ein Jahr lang gelegen. Dies sei eine Bestätigung, dass manipuliert worden sei. Rechtsanwalt von Oertzen habe bestätigt, dass es keine Auseinandersetzung der Lehenerben gegeben habe und dass die Güter kein Fideikommiss gewesen seien. Das Urteil des OLG Celle sei nicht bindend. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald zugunsten von Alexander Prinz zu Schaumburg-Lippe sei nicht bindend, es sei ein anderes Verfahren mit anderem Streitgegenstand. Das LARoV Brandenburg sei nie von einer Verfristung ausgegangen und hätte die Schädigung der Erbengemeinschaft bejaht. Das LARoV Schwerin hätte jahrelang den Kläger um Aufklärung und Recherchearbeit ersucht. Der Bescheid vom 5.1.2010 werde in keinster Weise von einer Rechtsauffassung, von irgendeiner Rechtsmeinung getragen. Vielmehr spreche alles dafür, dass ein „Schießbefehl“ vollzogen worden sei. Das LARoV Brandenburg hätte sich mit dem Kläger verglichen, ohne dass Verfristung geltend gemacht worden sei. Die Erbengemeinschaft existiere kraft Gesetzes. Eine Erbauseinandersetzung habe nicht stattgefunden. Ein Miterbe dürfe Mitglieder der Erbengemeinschaft nicht schädigen. Die Frage des Alleineigentums Wolrads schließe Verfristung aus, denn es werde denklogisch nur zur Prüfung beider Optionen (Alleineigentum/Erbengemeinschaft geschädigt) kommen, wenn für beide Optionen ein fristgemäßer Antrag bejaht werde. Weder das Finanzministerium noch ein Gericht könnten eine Auseinandersetzung, die nicht stattgefunden habe, ersetzen. Die Mitwirkung der Miterben sei notwendig. Auch das Vortäuschen einer nichtexistenten Verfristung sei staatliches Fehlverhalten, unlauter, unredlich und unfair. Auch der Erlass eines von Willkür getragenen Bescheides sei staatliches Fehlverhalten, das Nachsichtsgewährsleitungspflichten auslöse.
Alexander Prinz zu Schaumburg-Lippe solle um Auskunft gebeten werden, ob der ehemalige Rechnungsrat Müller zum Testamentsvollstrecker bestellt worden sei. Er solle die Testamentsvollstreckerakte und Testamentsakte vorlegen. Adolf Fürst zu Schaumburg- Lippe, dessen Ehefrau und der Bevollmächtigte Graf Henckel von Donnersmarck seien massiv mit Ermittlungsverfahren überzogen worden. Wenn es einen Testamentsvollstrecker nach Adolf Fürst zu Schaumburg-Lippe gegeben habe, dann sei es Graf Henckel von Donnersmarck gewesen.
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Es werde angefragt, ob der Beklagte auch den Schriftverkehr mit dem Bundesamt zur Regelung offener Vermögensfragen oder mit dem Bundesministerium der Finanzen dem Gericht zur Verfügung gestellt habe. Diese Stellen hätten die Fachaufsicht ausgeübt und seien, ebenso wie die BVVG, involviert gewesen. Es sei davon auszugehen, dass sie auch mit der Entscheidung, der Gegenstand des Wiederaufnahmeantrags gewesen sei, befasst gewesen seien und eventuell mitgewirkt hätten. In diesem Fall hätte das Bundesfinanzministerium selbstverständlich die Aufsicht ausgeübt. Dieser Fall hätte eine größere finanzielle Auswirkung (Flächenerwerbsprogramm über 10 Millionen €).
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des LARoV Schwerin vom 5.1.2010 zu verpflichten, das abgeschlossene Verfahren der Frau D. H. 13100 A 1478/32-1 wieder aufzugreifen und festzustellen, dass der Kläger einen Anspruch auf eine Entschädigung in Höhe von 1/5 (einem Fünftel) für das im Zuge der Bodenreform enteignete Gut in Boldebuck mit Mühlengeez hat.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er nimmt Bezug auf die Begründung des angefochtenen Bescheides vom 7.11.2018, die auch von der Klagebegründung nicht erschüttert werde. Er trägt vor, dass er – unabhängig von allen weiteren Fragen – schon durch die rechtskräftige Entscheidung der Kammer vom 5.4.2011 – 2 A 1175/07 – an der begehrten Entscheidung gehindert sei.
Das Finanzministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern unterfalle nicht der Fachaufsicht des Bundesministeriums der Finanzen oder des Bundesamts für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen (früher Bundesamt für offene Vermögensfragen). Allerdings würden die Länder das Entschädigungs-Ausgleichsverfahren im Auftrag des Bundes durchführen, wobei der Bund die Fach- und Rechtsaufsicht ausübe. Insofern bestehe grundsätzlich die Fachaufsicht des Bundes über die Tätigkeit des Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen bzw. nach dessen Schließung über die entsprechende Abteilung des Finanzministeriums des Landes Mecklenburg-Vorpommern als Behörde für
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offene Vermögensfragen. Diese habe der Bund regelmäßig aber nur in Fällen größerer finanzieller Auswirkungen auf den Entschädigungsfonds ausgeübt. Ein solcher Fall stehe hier nicht im Streit.
Mit Beschluss vom 27.4.2020 wurde der Rechtsstreit auf den Einzelrichter übertragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die bei den Akten befindlichen Verwaltungsvorgänge (12 Aktenordner) sowie auf die Gerichtsakten in den Verfahren 5 A 1302/05, 2 A 1175/07 und 6 A 72/10 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage hat keinen Erfolg.
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Die Klage ist zunächst zulässig. Eine Unzulässigkeit mangels fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses folgt nicht daraus, dass der Kläger im Verfahren 6 A 72/10 die Klage zurückgenommen hat. Seine dafür abgegebene Begründung, er könne in "dieser Angelegenheit kein faires Verfahren erwarten“, ist hierfür irrelevant, dies schließt nicht aus, dass der Kläger beim späteren Auffinden weiterer Urkunden von dieser Vorstellung abweicht und nunmehr ein erneutes Verfahren nach § 51 Verwaltungsverfahrensgesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern [VwVfG M-V] in der Hoffnung, dass es fair sei, betreibt. An einem allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis fehlt es auch nicht deswegen, weil der Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, dass der auszuzahlende Ausgleichsbetrag gegen Null gehen werde, weil von dem Betrag ein Lastenausgleichsbetrag abzusetzen sei und das Verfahren für ihn mehr ideellen Wert habe. Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis fehlt indessen nur, wenn die Klage für den Kläger offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann, wobei kein strenger Maßstab anzulegen und das Rechtsschutzbedürfnis in Zweifel zu bejahen ist (Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl., Vorb § 40, Rn. 38). Von daher ist auch ein geringer Ausgleichsbeitrag und sogar ein nur ideeller Wert des Anspruchs ausreichend.
Die Klage ist aber unbegründet. Die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Er hat keinen Anspruch auf den begehrten Verwaltungsakt.
Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 51 VwVfG M-V diese Norm bestimmt folgendes:
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines
unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
1. sich die dem Verwaltungsakt zu Grunde liegende Sach- und Rechtslage nachträglich zu Gunsten des Betroffenen geändert hat;
2. neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde;
3. Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außer Stande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann,
wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Absatz 1 Satz 1 und des § 49 Absatz 1 bleiben unberührt.
Die Voraussetzungen dieser Anspruchsgrundlage liegen nicht vor. Geltend gemacht hat der Kläger hier allein, dass er gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG M-V neue Beweismittel vorgelegen habe, die eine ihm günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden. Eine andere Anspruchsgrundlage ist auch nicht ersichtlich. Insbesondere hat sich die dem Verwaltungsakt zu Grunde liegende Sach- und Rechtslage offensichtlich nicht nachträglich zu Gunsten des Betroffenen geändert.
Es kann offenbleiben, ob es sich bei den vom Kläger vorgelegten Urkunden um neue Beweismittel handelt, da auch ihre Einbeziehung keine für den Kläger bzw. seine Mutter günstigere Entscheidung herbeigeführt hätte.
Abzustellen ist hierfür auf die seinerzeit tragende Rechtsauffassung. Die mit dem Antrag auf Wiederaufgreifen vorgelegten Unterlagen vermögen nicht zu einer anderen Rechtsauffassung zu führen, als sie für den Erlass des Ausgangsbescheides tragend war.
Das seinerzeit zuständige Landesamt hat mit Bescheid vom 5.1.2010 gegenüber dem Kläger den von Frau D. H. gestellten Antrag auf Ausgleichsleistung mit der Begründung abgelehnt, dass der Antrag nicht innerhalb der Anmeldefrist von § 6 Abs. 1 Satz 3 Gesetz über staatliche Ausgleichsleistungen für Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können (Ausgleichsleistungsgesetz - AusglLeistG) gestellt worden sei, die Fiktion eines fristgemäßen Antrags ausscheide, obgleich ein Erbe eines anderen Mitgliedes der Erbengemeinschaft nach Fürst Adolf einen fristgerechten Antrag gestellt habe, weil die Mutter des Klägers den Antrag für die Erbengemeinschaft nach Fürst Adolf gestellt habe und eine Nachsichtsgewährung nicht in Betracht komme. Zur Begründung der Ablehnung der Nachsichtgewährung führte das Landesamt aus, dass eine Nachsichtgewährung dann ausscheiden müsse, wenn – wie im vorliegenden Fall – zu einem rechtzeitig gestellten, aber noch nicht beschiedenen Antrag auf Rückübertragung eines bestimmten Vermögenswertes ein weiterer Antrag hinzukomme, mit dem ein anderer Schädigungstatbestand oder eine andere Person als ursprünglicher Rechtsinhaber in das Verfahren eingeführt werde. Diese rechtlichen Erwägungen werden durch die vom Kläger vorgelegten Unterlagen nicht erschüttert.
Zu den der Entscheidung zugrundeliegenden Tatsachenfeststellungen des Landesamtes hat der Kläger keine neuen Beweismittel vorgelegt. Der Kläger hat mit den vorgelegten Unterlagen nicht belegt, dass seine Mutter den Antrag vor Ablauf der Ausschlussfrist nach § 6 Abs. 1 Satz 3 AusglLeistG am 31.5.1995 gestellt hat. Auch ergibt sich aus den Unterlagen nicht, dass die Mutter des Klägers den Antrag nicht für die Erbengemeinschaft nach Fürst Adolf gestellt hat. Schließlich lässt sich den Unterlagen nicht entnehmen, dass kein anderer unbeschiedener Rückübertragungsantrag – hier der Antrag von Prinz Philipp – vorgelegen hat und keine andere Person als ursprünglicher Rechtsinhaber – hier Wolrad – in das Verfahren eingeführt worden ist. Danach verbleiben allein Rechtsauffassungen des Landesamtes, auf das dieses seine Ablehnung gestützt hat und die wegen der neuen Beweismittel nicht mehr zutreffen könnten. Diese sind durch die vom Kläger vorgelegten Urkunden naturgemäß nicht erschüttert worden. Sie bleiben von den vom Kläger vorgelegten Beweismitteln unbeeinflusst. Soweit der Kläger mit den Unterlagen Machtmissbrauch innerhalb der Familie zu Schaumburg-Lippe und staatliches Fehlverhalten in der Zeit vor der deutschen Wiedervereinigung dargelegt haben will, ist dies für die Entscheidung des Landesamtes irrelevant und vermag daher keine andere Entscheidung begründen. Ein staatliches Fehlverhalten nach Inkrafttreten des Ausgleichsleistungsgesetzes, das die Mutter des Klägers von der rechtzeitigen Antragstellung abgehalten hat, hat der Kläger indessen nicht dargetan; jedoch wäre auch ein solches Fehlverhalten ohne Einfluss auf die Entscheidung des Landesamtes, da es die Nachsichtgewährung aus anderen Gründen abgelehnt hat.
Soweit der Kläger die rechtlichen Schlüsse, die das Landesamt seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, angreift, dringt er hiermit nicht durch. Es kann offenbleiben, ob die rechtlichen Bewertungen des Landesamtes zutreffend sind oder nicht oder sie zumindest zweifelhaft sind. Entscheidend ist, dass das Landesamt hierauf seine Entscheidung gestützt hat und der Bescheid vom 5.1.2010 in Bestandskraft erwachsen ist. Das Institut des Wiederaufgreifens des Verfahrens ist nicht dazu da, dem Adressaten eines bestandskräftigen Bescheides eine weitere Rechtsbehelfsmöglichkeit zu eröffnen, indem eine erneute Rechtmäßigkeitsprüfung im Wiederaufgreifensverfahren zunächst durch die Behörde und ggf. dann durch das Gericht durchgeführt werden soll in der Hoffnung, Behörde oder Gericht würden sich der eigenen Rechtsauffassung in Abweichung von einer früher vertretene Rechtsauffassung anschließen. Vielmehr soll ein Verfahren nur dann wieder aufgegriffen und einer neuen Entscheidung zugeführt werden, wenn eine der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 VwVfG M-V gegeben ist. Dies ist hier indessen nicht der Fall. Von daher ist unter Zugrundelegung der für den Ausgangsbescheid tragenden Rechtsauffassung ausgeschlossen, dass das Landesamt unter Berücksichtigung der vom Kläger vorgelegten Urkunden anders entschieden hätte. Zudem hat der jetzt zuständige Beklagte erklärt, dass er an der rechtlichen Bewertung, wie sie in dem Bescheid vom 5.1.2010 zum Ausdruck kommt, auch weiterhin festhält. Von daher ist auch insofern ausgeschlossen, dass der Beklagte nunmehr zu einer anderen Entscheidung kommen würde als seinerzeit das Landesamt.
Soweit der Kläger der Auffassung ist, dass er durch die Vorlage der neu aufgefundenen Unterlagen dargelegt habe, dass es betreffend des Vermögens seines Rechtsvorgängers zu unlauteren Machenschaften innerhalb der Familie im Zusammenwirken mit staatlichen Stellen gekommen sei, so dass der Kläger im Verfahren 2 A 1175/07 nicht als Berechtig- ter angesehen werden dürfe, übersieht er, dass dies nicht Prüfungsgegenstand in seinem Verfahren war, dessen Wiederaufgreifen er begehrt.
Hinzu kommt folgendes: Zwar ist auf die seinerzeit tragende Rechtsauffassung abzustellen, doch wäre die erneute Entscheidung nach Wiederaufgreifen des Verfahrens jetzt zu treffen. Soweit der Kläger beantragt, nach Wiederaufgreifen des Verfahrens festzustellen, dass er einen Anspruch auf Entschädigung in Höhe von 1/5 für das im Zuge der Bodenreform enteignete Gut in Boldebuck mit Mühlengeez hat, kann aus einem weiteren Grund ausgeschlossen werden, dass der Beklagte zu dieser Entscheidung kommen würde. Der Beklagte darf nämlich für die Frage, wie nach Wiederaufgreifen des Verfahrens der Antrag des Klägers zu bescheiden wäre, nicht ausblenden, dass zu der hier streitigen Rechtsfrage, ob dem Kläger ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen für das Gut Boldebuck nebst Mühlengeez zusteht, eine rechtskräftige Entscheidung der Kammer in der Welt ist, die einen solchen Einspruch mit Urteil vom 5.4.2011 konkludent verneint hat und das Gericht den Beklagten zu einer entsprechenden Bescheidung verpflichtet hat. Da die Kammer genau den vom Kläger geltend gemachten Anspruch allein Alexander Prinz zu Schaumburg-Lippe zugesprochen hat, schließt dies einen identischen Anspruch des Klägers aus. Von daher ist schon deswegen ausgeschlossen, dass die Berücksichtigung der vom Kläger neu eingeführten Urkunden eine für ihn günstigere Entscheidung herbeigeführt hätten. Selbst wenn alle weiteren Voraussetzungen des § 51 VwVfG M-V vorliegen würden, der Beklagte das Verfahren wiederaufgreifen würde und außerdem dem Kläger nicht die Verfristung seines Antrags vorhalten würde, müsste der Antrag auf Ausgleichsleistung vom Beklagten wegen des entgegenstehenden rechtskräftigen Urteils der Kammer vom 5.4.2011 abgelehnt werden.
Die Rechtskraft des Urteils führt dazu, dass im Anschluss ohne Rücksicht auf die Frage, ob das Gericht „richtig“ entschieden hat, die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger nach § 121 Verwaltungsgerichtsordnung an formell rechtskräftige Entscheidungen gebunden sind, soweit über den Streitgegenstand entschieden wurde (Schenke, a.a.O., § 121, Rn. 2). Die Rechtskraft bewirkt, dass die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger an eine formell rechtskräftige Entscheidung gebunden sind mit der Folge, dass die Behörden und Gerichte in einem späteren Verfahren oder Prozess hinsichtlich desselben Streitgegenstandes nicht mehr abweichend zur Sache entscheiden können (Schenke, a.a.O., § 121, Rn. 2). Der Streitgegenstand in diesem Verfahren ist zwar nicht derselbe, wie der Streitgegenstand, über den die Kammer im Verfahren 2 A 1175/07 entschieden hat. Streitgegenstand ist der prozessuale Anspruch, d. h. das aufgrund eines bestimmten Sachverhalts vom Kläger an ein Gericht gerichtete Begehren um Rechtsschutz durch Erlass eines Urteils mit einem bestimmten Inhalt (Schenke, a. A. O., § 90, Rn 7). Zwar ist der für die Entscheidung maßgebliche Lebenssachverhalt derselbe und wird in beiden Verfahren rechtlich derselbe Anspruch auf Festsetzung einer Entschädigung unter anderem für das im Zuge der Bodenreform enteignete Gut Boldebuck mit Mühlengeez geltend gemacht. Allerdings sind die Personen der Antragsteller bzw. Kläger unterschiedlich. Dementsprechend ist die Klage des Klägers nicht schon wegen entgegenstehender Rechtskraft unzulässig.
Gleichwohl besteht eine Bindungswirkung des Urteils im Verfahren 2 A 1175/07 insoweit als eine teilweise Übereinstimmung des Streitgegenstandes gegeben ist. Auch wenn der Streitgegenstand nicht identisch ist, die rechtskräftig festgestellte Rechtsfolge aber in einem späteren Prozess über einen anderen Streitgegenstand vorgreiflich ist, so sind das Gericht und die zur Entscheidung berufene Behörde insoweit an die frühere Entscheidung gebunden (Schenke, a.a.O., § 121, Rn. 11). In beiden Fällen wird derselbe Anspruch auf Festsetzung einer Entschädigung für das im Zuge der Bodenreform enteignete Gut Boldebuck mit Mühlengeez durch die verschiedenen Kläger geltend gemacht. Diesen Anspruch hat das Verwaltungsgericht allein dem Kläger im Verfahren 2 A 1175/07 – Alexander Prinz zu Schaumburg-Lippe – zugesprochen und damit zugleich konkludent und vorreiflich für dieses Verfahren entschieden, dass dieser Anspruch dem Kläger nicht zu- steht.
Zwar ist hinsichtlich des Klägers keine Bindungswirkung eingetreten, da er nicht Beteiligter des Verfahrens 2 A 1175/07 geworden ist, jedoch ändert dies nichts daran, dass – wie erwähnt – der Ausspruch der Kammer im Urteil vom 5.4.2011, mit dem die Kammer das Landesamt verpflichtet hat, festzustellen, dass Alexander Prinz zu Schaumburg-Lippe einen Anspruch auf eine Entschädigung auch für das hier streitgegenständliche Gut hat, das Landesamt und den Beklagten als dessen Rechtsnachfolger weiterhin bindet, keine hiervon abweichende Entscheidung vorzunehmen, da es die Vorfrage entschieden hat wem als Rechtsnachfolger der Anspruch zusteht. Von daher schließt die materielle Rechtskraft jede neue Entscheidung über die rechtskräftig festgestellten Rechtsfolgen aus, außerdem bei – wie hier – unveränderter Sach- und Rechtslage auch jede Abweichung vom Entscheidungsinhalt der rechtskräftigen Entscheidung (Schenke, a.a.O., § 121, Rn. 9). Aus demselben Grund wäre der Verwaltungsakt, dessen Erlass der Kläger an sich begehrt, und der gegen die genannte Bindungswirkung verstoßen würde, grundsätzlich rechtswidrig (Schenke, a.a.O., § 121, Rn. 9). Von daher könnte der Kläger im günstigsten Fall nur eine Auswechslung der Begründung, nicht aber eine positive Entscheidung zu seinen Gunsten erwarten. Dementsprechend hat er auch in dem früheren Verfahren 6 A 72/10 folgerichtig aus dem Grund, dass die Kammer konkludent einen Anspruch des Klägers bereits mit rechtskräftigem Urteil verneint hat, die Klage auf den rechtlichen Hinweis des Gerichts zurückgenommen.
Will der Kläger diese Folgen der Rechtskraft verhindern, hat er zunächst einen – erfolgreichen – Rechtsbehelf gegen das Urteil der Kammer vom 5.4.2011 einzulegen. Erst im Falle eines erfolgreichen Rechtsmittelverfahrens könnte der Kläger grundsätzlich einen Anspruch auf Ausgleichsleistung für das Gut Boldebuck nebst Mühlengeez anstelle vom Alexander Prinz zu Schaumburg-Lippe haben. Hierauf kommt es indessen nicht an, da es – wie dargelegt – unabhängig hiervon bereits an einem Anspruch auf ein Wiederaufgreifen des Verfahrens und damit auf eine erneute Entscheidung fehlt.
Von daher dringt der Kläger auch nicht mit seiner Kritik an dem Urteil der Kammer vom 5.4.2011 durch. Es war und ist ihm insofern unbenommen, gegen dieses Urteil, von dessen Existenz er weiß und dessen Inhalt er kennt, Rechtsmittel einzulegen. In diesem Verfahren findet er hiermit jedoch kein Gehör.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs.1, VwGO, die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit beruht auf § § 167 VwGO, 708 Nr 11, 711 Zivilprozessordnung [ZPO].
Die Berufung ist ausgeschlossen. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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