Donnerstag, 4. Februar 2021

Was ich vor 10 Jahren in archivalia schrieb

 vom hofe

Anregung zur Adelsforschung Wie archivalia Leser wissen, habe ich mich ausgiebig mit der NS-Vergangenheit der Prinzen zu Schaumburg Lippe beschäftigt und mein (unvollständiges) Wissen der interessierten Leserschaft online und frei zur Verfügung gestellt. Innerhalb der Familie habe ich schärfste Kritik erfahren. Dennoch bin ich der Ansicht, dass sich meine Arbeit gelohnt hat. Meine These ist bekannt: Bestimmte Mitglieder ehemals regierender Fürstenhäuser haben aus wirtschaftlichem Kalkül den Nationalsozialismus unterstützt, da dieser im Bereich der sogenannten „Fideikommissauflösung“, Lösungen anbot, die das Erbrecht aufhoben und die Favorisierung eines bestimmten Familienmitglieds vorsahen.

Es wäre wünschenswert, wenn diese These vergleichend in anderen Fällen auf ihre Stichhaltigkeit hin überprüft werden würde.

Es bieten sich dafür insbesondere die Fideikommissauflösungsvorgänge der Familien Waldeck, Braunschweig und Oldenburg an. Ich weiss, dass es sehr viel verlangt ist und dass in den jeweiligen Familien wohl kaum ein „Nestbeschmutzer“ (so wurde ich mehrfach betitelt) bereit sein wird, der Sache auf den Grund zu gehen und seine Forschungsergebnisse der interessierten Leserschaft frei zur Verfügung zu stellen. Aber wer weiss, vielleicht findet sich jemand.

Ich kann mir vorstellen, dass der eine oder andere Leser der Ansicht ist, „was interessieren diese Prinzen und Fürsten !“.

Die mich interessierende Frage ist einfach formuliert:
War die (vermeintliche) Elite bereit, Mord und Totschlag billigend in Kauf zu nehmen, um ihre eigene Position zu stärken ? Sind vermeitliche Eliten bereit gewesen, mit Himmler zu paktieren, um wirtschaftliche Vorteile zu erlangen ?

Nach meinem Kenntnisstand würde ich diese Frage unumwunden mit ja beantworten.

Weitergedacht: diesmal nicht auf den Hochadel bezogen, sondern auf „Eliten“ jeder Art, gleichgültig welche „Elite“ (ob Geld, Industrie oder Politik), was passiert wenn sie in die Gefahr gerät, ihre Position zu verlieren ? Würde sie im 21. Jahrhundert mit einem neuen Himmler paktieren, ihn unterstützen ?

Da ich der Überzeugung bin, dass diese Gefahr immer existieren wird, halte ich es für wichtig, dass das Verhältnis zwischen den „Eliten“ und den politisch und wirtschaftlich Mächtigen immer wieder untersucht wird. Denn aus den Verhaltensmustern kann gelernt werden, welche Gefahr von solchen Kooperationen ausgehen können.

Deshalb müssten die Parallelfälle Braunschweig, Oldenburg und Waldeck während des „Dritten Reiches“ untersucht werden.

Bezeichnend war nicht nur dass Familienmitglieder dieser „Häuser“ in die NSDAP eingetreten waren, sondern dass sie in der SS höhere Ämter bekleideten. So war Josias von Waldeck General der Waffen SS und Adjutant von Himmler gewesen. Ernst August, Herzog zu Braunschweig-Lüneburg, sowie sein Sohn waren beide Mitglieder der SS. Die Nähe einiger Mitglieder der Oldenburger zu Himmler kann bei Ingeborg Alix Prinzessin zu Schaumburg Lippe (geborene Herzogin von Oldenburg) nachgelesen werden. Siehe Bunte Bilder Band 2, S.45: „Himmler kannten wir ja schon seit Josias (Prinz von Waldeck) ihn, Jahre vor der Machtergreifung, als er noch en kleiner unbedeutender Diplomlandwirt war nach Lehnsahn (Familiensitz des Grossherzogs von Oldenburg) mitbrachte“.

Wenn hinzukomt, dass die Fideikommissauflösungsgesetzgebung insbesondere von der SS entworfen wurde, so sind die Zusammenhänge mehr als deutlich. Oldenburger, Waldecker, Schaumburger und Braunschweiger waren Lobbyisten in eigener Sache.

Wer möchte diese „Spur“ ausleuchten und die Geschichtswissenschaft ein ganzes Stück weiterbringen ? Wer sich bereit erklärt, sollte zuerst die bestimmt sehr umfangreichen und dem äusseren Anschein nach hochkomplizierten Fideikommissakten studieren. Diese „Verfahren“ verschleiern den wahren Kern. Dekonstruktion ist die Methode die weiterhilft. Mit Widerstand bei den lokalen Staatsarchiven ist zu rechnen.

Wer meine Thesen als erwägenswert akzeptiert kann ja meine Studie als orientativen Leitfaden nutzen. Ich gehe davon aus, dass die Parallelfälle exakt dem selben Muster folgen werden.

Ein derartiges Forschungsprojekt müsste gemeinsam von  Juristen und Historikern in Angriff genommen werden.





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