Nachstehender Bescheid, den das Verwaltungsgericht Greifswald Jahre später aufhob ist sehr lesenswert, um so mehr nach Auftauchen der Urkunden aus dem ehemaligen Bestand des Präsidenten der sogenannten "Hofkammer".
Wegen Ausgleichsleistung nach dem Gesetz über staatliche
Ausgleichsleístungen für Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder
besatzungshoheitlicher Grundlage, die nicht mehr rückgängig gmacht werden können
(AusgeichsIeistungsgesetz — AusglLeistG).
ergeht folgender
BESCHEID:
1. Der Antrag auf Ausgleichsleistung für die im Zuge der Bodenreform
enteigneten Güter Vietgest, Nienhagen mít Hütte und Schwiggerow, Reinshagen,
Boldebuck mit Mühlengeez, Langhagen-See sowie Krümmel mit Troja und Ichliem
wird abgelehnt.
2. Das Verwaltungsverfahren ist
kostenfrei. Auslagen werden. nicht erstattet.
Gründe:
I.
Mit Schreiben vom 12.05.1995 beantragte Philipp-Ernst Prinz zu
Schaumburg-Lippe die Zahlung einer Ausgleichsleistung nach dem Entschädigungs-
und Ausgleíchsleistungsgesetz vom 01.12.1994 für die im Zuge der sogenannten
Bodenreform entschädigungslos enteigneten Iandwirtschaftlichen Güter in
Vietgest (1.078 ha), Nienhagen (904 ha) mit Hütte Nienhagen und Schwiggerow
(710 ha) sowie Reinshagen (490 ha), Boldebuck (1.076 ha) mit Mühlengeez (260
ha), den Langhagen-See, und Krümmel mit Troja und Ichliem (1.055 ha).
Mit einem weiteren Schreiben vom 12.05.1995, gerichtet an das damalíge Amt
zur Regelung offener Vermögensfragen Güstrow, beantragte Philipp-Ernst Prinz zu
Schaumburg-Lippe die Rückgabe der beweglichen Gegenstände, insbesondere die GemäIde
aus dem landwirtschaftlichen Gut Vietgest entsprechend der ,,Zusammenstellung
der GemäIde, die in Vietgest verblieben sind”. Ferner beantragte er Entschädigung
für Kapitalanteile und geldwerte Ansprüche, ínsbesondere der Aktien und Anteile
gemäss Anmeldung bei der damaligen Treuhandanstalt vom 22.08.1990.
Gegenstand dieser Entscheidung sind díe in Mecklenburg belegenen Güter. Der
Antrag auf Ausgleichsleistung für das in Brandenburg belegen Gut Muggendorf in
Sewekow wird vom LARoV Brandenburg bearbeitet.
Philipp-Ernst Prinz zu Schaumburg-Lippe leitete seine Rechte von seinem
Vater Ernst Wolrad Prinz zu Schaumburg-Lippe ab. Sein Vater verstarb am
15.06.1962 und wurde von Philipp-Ernst Prinz zu Schaumburg-Lippe ausweislich
der Zweiten Ausfertigung des Erbscheins des Amtsgerichtes Stadthagen vom
02.01.1997 — 10 VI 506/96 - allein beerbt. Der Erbschein weist aus, dass sowoht
Nacherbfolge und weítere Nacherbfolge als auch Testamentsvollstreckung
angeordnet sind. Philipp-Ernst Prinz zu Schaumburg-Lippe ist zwischenzeitlich
verstorben. Folglich wird Wolrad Prinz zu Schaumburg Lippe aufgrund des Erbscheines
des Amtsgerichtes Stadthagen vom 03.03.2005 (10 VI 506/96) nunmehr beerbt von
Alexander Fürst zu Schaumburg-Lippe als Nacherben. Weitere Nacherbfolge und
Testmentsvotlstreckung ist angeordnet.
Dem Antrag Iíegt folgender Sachstand zugrunde:
Fürst Adolf zu Schaumburg-Lippe wurde 1911 nach dem Tode seines Vaters
Fürst Georg Eigentümer diverser in Mecklenburg belegener Lehensgüter. Am
07.09.1911 wurde ein Hausgesetz erlassen. Danach soilte das Hausgut für alle
Zeíten im Mannesstamm nach den Regeln der Erstgeburt und der Linealfolge
vererbt werden. Zum Hausgut sollten alle Begüterungen u.a. auch die in
Mecklenburg zu rechnen sein. Mit dem Hausgesetz vom 08.12.1923 sollte das
Hausvermögen dem Fürstlichen Haus Schaumburg-Lippe, einer rechtsfähigen juristischen
Person, zustehen. 1936 verstarb Fürst Adolf. Gesetzliche Erben waren seine
Brüder, die Prinzen Wolrad, Stephan, Friedrich Christian und Heinrich (der
Vater von Frau D H, die von ihrem Sohn, Herrn Rechtsanwalt vom Hofe,
vertreten wird) sowie die Kinder seiner 1933 vorverstorbenen Schwester. Bereits
zu Lebzeiten von Fürst AdoIf war streitig, ob die in Mecklenburg belegenen
Güter im Jahre 1923 Privatvermbgen des Fürsten Adolf geblieben oder Eigentum
des Fürstlichen Hauses Schaumburg-Lippe geworden waren. Für den Fall, dass die
Güter Eigentum des Fürstlichen Hauses Schaumburg-Lippe geworden waren, wäre
Worad Prinz zu Schaumburg-Lippe als ältester männIicher Nachfahre 1939 im Zuge
der AufIösung des Fürstlichen Hauses Schaumburg-Lippe Alleineigentümer
geworden. Der AntragsteIler macht daher sínngemäss geltend, sein Grossvater
Wolrad Prinz zu Schaumburg-Lippe habe im Zuge der Fideikommiss-auflösungsgesetzgebung
das Eigentum an den beantragten Gütern erworben.
Aus den Eintragungen in den Grundbüchern ergibt sích hierzu folgendes:
Krümmel (Kreís Waren):
Am 16.11.1942 im Grundbuch als Eigentümer eingetragen auf Anweisung des
Vorsitzenden des Fideikomrnissenates beim OLG Celle vom 27.10.1942: Wolrad
Prinz zu Schaumburg Lippe.
Nienhagen (Kreis Güstrow)
Aufgrund des Folgezeugnisses des Fideikommissenates beim OLG Cetie vom 17.06.1940
eingetragen heute (ohne Datum) ats Eigentümer: Wolrad Prinz zu
Schaumburg-Lippe.
Boldebuck (Kreis Güstrow)
Aufgrund der Anweisung des Vorsitzenden des Fideikommissenates beim OLG
Celle vom 27.10.1942 eingetragen als Eigentümer am 30.11.1942: Wolrad Prinz zu
Schaumburg-Lippe.
Mühlengeez (Kreis Güstrow)
Auf Anweisung des Vorsitzenden des Fideikommissenates beim OLG Celle vom
27.10.1942 eingetragen als Eigentümer am 30.11.1942: Wolrad Prinz zu
Schaumburg-Lippe.
Reinshagen (Kreis Güstrow)
Auf Anweisung des Vorsitzenden des Fideikommissenates beim OLG Celle vom
27.10.1942 eingetragen als Eigentümer am 30.11.1942: Wolrad Prinz zu
Schaumburg-Lippe.
Nach den Erkenntnissen das Landesamtes wurde der am 05.01.1940 aufgrund eines
Vergleiches ergangene Beschluss des 9. Fideikommissenates beim OLG Cefle mit
der sofortigen Beschwerde angefochten (Mitteilung des Obersten
Fideikommissgerichtes vom 14.08.1943). Der Beschwerdevorgang war durch
Feindeinwirkung in Verlust geraten; wegen aussichtsreicher Vergleichsverhandlungen
der Beteiligten war von einer Wiederherstllung des Vorgangs zunächst abgesehen
worden (Mittellung des Präsidenten des Obersten Fideikommissgerichtes vom
16.08.1944). Im Ergebnis einigten sich
die Prinzen Stephan, Friedrich Christian und Heinrich erst am 04.06.1951 mit
Prinz Wolrad, also erst nach der Enteignung der Güter in Mecklenburg durch die
Bodenreform des ]ahres 1945.
Es waren also Ermittlungen zu der Frage erforderlich, ob sachenrechtlich
das Fürstliche Haus Schaumburg-Lippe, dem das Hausvermögen im ]ahre 1923
übertragen worden sein sollte, Voreigentümer der verfahrensgegenstädlichen
Güter in Mecklenburg vor 1945 geworden war. Diese Ermittlungen hierzu ergaben
fogendes:
Die Vermögenswerte (Lehngüter) im damaligen Grossherzogtum Mecklenburg
Schwerin gehörten einst Fürst Georg zu Schaumburg-Lippe, der am 29.04.1911
verstorben war. Die Güter Reinshagen (Lehn), Gülzow (Lehn), Wilhelminenhof
(Lehn), Boldebuck (Lehn), Kies-Mühlengeez (Lehn), Baumgarten (Lehn), Krümmel
nebst Troja und IchIíem (Lehn), Ahrensberg (Lehn) und Grabowhöfe (Lehnanteil)
sowie Vietgest (Lehn), waren Privatvermögen des Fürsten Georg; ebenso der
sogenannte Langhagen-See im Amt Mirow (Groherzogtum Meckenburg-StreIitz) und
das Waldgut Muggendorf im Kreis Kyritz (Königreich Preussen).
Testamentarischer Erbe dieser und anderer Güter von Fürst Georg war sein
Sohn Fürst Adolf. Mit Datum vom 04.12.1911 erkIärte dessen Bruder Prinz Wolrad,
dass er gegen das Testament seines Vaters, des Fürsten Georg, keine Einwände
erhebe und aus dem im Grossherzogtum Mecklenburg-Schwerin gelegenen zum Lehnvermögen
gehörigen Nachlass nichts verlange, beziehungsweise keínerlei Ansprüche darauf
erhebe. Fürst Adolf erwarb daraufhin das Lehneigentum an den Gütern in
Mecklenburg aufgrund Belehnung.
Eine sich aus dem Hausgesetz vom 07.09.1911 ergebende etwaige Bindung an
das Haus wurde nicht in die Grundbücher eingetragen. Das Fürstliche Haus
Schaumburg-Lippe, eine rechtsfähige Juristischen Person, wurde aufgrund des
Hausgesetzes vom 08.12.1923 in der Folgezeit nicht als Eigentümer im Grundbuch
eingetragen. Hinsichtlich des Lehngutes Boldebuck wurde vielmehr am 05.04.1935
eine Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs des Prinzen Wolrad auf Auflassung eines
Miteigentumsbruchteil von 35/100, der aus der Ausübung eines bedingten, in der
Eintragungsbewilligung vom 15.06.1934 zu 40 näher bezeichneten Kaufrechts
hervorgeht, eingetragen. Am 29.06.1934 wurde eine Hypothek für die Forderung
des Prinzen Wolrad aus Erbauseinandersetzung in Höhe von 161 .200 Goldmark
eingetragen.
Hinsichtlich des Lehensgutes Gülzow wurde am 12.07.1934 eine Hypothek über
133.920 Gordmark zugunsten des Prinzen Stephan (Bruder von Wolrad und Adolf)
aus Erbauseinandersetzung eingetragen. Ausserdem wurde am 04.04.1935 eine
Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs des Prinzen Stephan auf Auflassung eines
Miteigentumsbruchteils von 32/100 eingetragen, der aus der Ausübung des
bedingten Kaufrechts hervorgeht, welches ihm in der Eintragungsbewilligung vom
15.01.1934 eingeräumt ist.
Eine sachenrechtliche Übertragung der Güter in Mecklenburg auf das
Fürstllche Haus Schaumburg-Lippe konnte nicht ermittelt werden. Eine
Juristische Person bedurfte für den Erwerb emes Lehensgutes der Iehnsherrlichen
Genehmigung ( 26 Verordnung vom 09.04.1899 zur Ausführung des BGB - Grossherzogthum
Mecklenburg-Schwerin in Regierungs=Blatt für das Grossherzogthum
Mecklenburg-Schwerin Jahrgang 1899 Seite 57 ff). Auch eine solche Genehmigung
konnte nicht ermittelt werden.
Das Mecklenburgische Staatsminísterium führte im Schreiben vom 04.06.1941
zum Gut Gülzow aus: »Soweit hier bekannt hatte am 31.12.1938 noch keine
Auseinandersetzung über Gülzow zwischen den Lehnerben stattgefunden. Die
Lehnerben sind hier nicht bekannt. Fídeikommiss ist Gülzow nicht gewesen.”
Die damalige Fürstliche Hofkammer räumte mit Schreiben vom 20.06.1941 ein:
,,Gülzow war em Mecklenburgisches Lehnsgut. Nach dortigem Lehnsrecht ist für
den materiellen Eigentumsübergang ausschliesslich der Akt der Belehnung massgebend.
Diese Belehnung ¡st seinerzeit nicht beim Mecklenburgischem Staatsministerium
beantragt worden.”
Hinsichtlich der anderen Güter konnte nicht festgestellt werden, dass das
Fürstliche Haus Schaumburg-Lippe durch Belehnung Eigentümer dieser Güter
geworden war. Aufgrund des Hinweises des Mecklenburgischen Staatsministeriums
vom 04.06.1941 wurde 1942 um Lehnherrliche Anerkennung von Wolrad Prinz zu
Schaumburg — Lippe ersucht. Ohne dass eine Auseinandersetzung der Lehnserben
stattfand, wurde im Zusammenhang mit der entgeltlichen Ablösung des
Obereigentums die Lehnherrliche Anerkennung am 13.06.1942 im Ergebnis erteilt.
Das OLG Celle wies am 27.10.1942 die Berichtigung des Grundbuches hinsichtlich
der Güter Krümmel, Boldebuck, Mühlengeez und Reinshagen und die Eintragung von
Prinz Wolrad als Eigentümer an. Hinsichtlich des Gutes Nienhagen war Prinz
Wolrad jedoch bereits aufgrund des FoIgezeugnisses vom 17.06.1940 als
Eigentümer eingetragen worden.
Der Antragsteller beruft sich im Kern auf das Urteil des OLG Celle vom
16.04.2003. Aus den Entscheidungsgründen dieses Urteils des OLG Celle ergibt
sich folgende Rechtsauffassung (Seite 22):
Nur eine auf § 25 FidErlG gestützte rechtskräftige Entscheidung des
Fideikommiss Senats hätte mit bindender Wirkung für die am Auflösungsverfahren
Beteillgten (und damit auch für Heinrich, dem Vater von Frau H.) die Zugehörigkeit
der Vermögensgegenstände zum Hausvermögen bindend dem Grunde nach feststellen können.
Eine solche HeinrIch und seine Erben bindende Grundentscheidung seI aber nicht
getroffen worden. Das OLG hält (Seite 36) als Ergebnis fest, dass, abgestellt
auf die damalige Rechtsauffassung das Hausvermögen (ausserhalb des Grundbuchs)
auf das Fürstliche Haus Schaumburg-Lippe als juristische Person übergegangen sei.
Hiervon seien auch die Güter (einschliesslich Lehngüter) in Mecklenburg betroffen.
Da diese Besitzungen mithin ab Dezember 1923 nicht mehr Eigentum des Fürsten
AdoIf seien, konnten sie, obgleich sie rechtlich freies Vermögen geworden
selen, als nicht zu dem Nachlass gehörend bei Eintritt des Erbfalles am 26. März
1936 nicht in das Vermögen der Erbengemeinschaft nach dem Fürsten Adolf gefallen
sein.
Zu der Erbfolge
nach dem Tode von Fürst Adoif wurde folgendes ermittelt:
Die 1. Ausfertigung des Erbscheins vom 27. Januar 1937 wurde in das
Verfahren eingebracht. Nach diesem Erbschein des Amtsgeríchts Bückeburg wurde
Fürst Adolf von seinen Brüdern Wolrad, Stephan, Friedrich Christian und Heinrich zu
je 1/5 sowie von den Kindern der vorverstorbenen Schwester Elisabeth, nämlich
Sibylla und Hans Georg, zu je 1/10 beerbt. Dieser Erbschein enthält keinen
Vermerk über eine Testamentsvollstreckung.
Am 20.04.1938 fertigte das Amtsgericht Bückeburg jedoch ein Testamentsvollstreckerzeugnis
aus. Danach wurden zu den Testamentsvollstreckern für den Nachlass von Fürst
Adotf ernannt: Hofrat Herman Müller und Rechtsanwalt Dr. Valentin Stolz. Das
seinerzeit von Fürst Adolf aufgesetzte Testament (nebst Eröffnungsprotokoll)
wurde dem Landesamt seitens des Antragstellers nicht vorgelegt. Die
Testamentsvollstrecker nach Fürst Adolf veräusserten jedoch sus dem Nachlass
Güter und erkIärten hierzu die Auflassung (z.B. GüIzow).
Das Anhörungsverfahren wurde mit Datum vom 13.05.2005 eingeleitet. Mit
Schreiben des Bevollmächtigten vom 1.1.09.2006 beruft sich der Antragsteller
auf § 892 BGB. Im Übrigen ist er der Auffassung, das OLG Celle (7 U 159/02)
habe entschieden, dass die Güter in Mecklenburg nicht Privateigentum von Fürst
AdoJf gewesen seien. Mit Schreiben vom 22.11.2006 beruft sich der Antragsteller
auf § 891 6GB, wonach zugunsten des im Grundbuch eingetragenen Eigentümers
vermutet wird, dass ihm das Eigentumsrecht zusteht.
II.
Der Antrag auf Ausgleichsleistung hinsichtlich der begehrten in Mecklenburg
belegenen Güter ist nicht begründet. Denn WoJrad Prinz zu Schaumburg-Lippe war
zum Zeitpunkt der Enteignung am 07.09.1945 nicht Eigentümer dieser Güter. Ein
Anspruch auf Ausgleichsleistung setzt gemäss § 1 Absatz 1 Satz 1 AusglLeistG
voraus, dass natürliche Personen Vermögenswerte im Sinne von § 2 Absatz 2 Vermögensgesetz
(VermG) durch entschädigungslose Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder
besatzungshoheitlicher Grundlage im Beitrittsgebiet verloren haben. Vermögenswerte
im Sinne von § 2 Absatz 2 VermG sind unter anderem Eigentum/Beteiligungen an
Unternehmen bzw. Grundstücken. Die Besonderheit des § 2 Absatz 2 VermG besteht
darin, dass massgeblich die sachenrechtliche Rechtsposition im Schädigungszeitpunkt
(hier die Enteignung im Zuge der Bodenreform am 07.09.1945) ist. Auf die Frage,
ob ein Anspruch auf Übereignung bestand, kommt es nicht an. Unstreitig ist
zwar, dass Prinz Wolrad auf Ersuchen des OLG Celle im Grundbuch als Eigentümer
eingetragen wurde. Formal gesehen wurde also Prinz WoIrad im Zuge der
Bodenreform enteignet, da er im Zeitpunkt der Schädigung im Grundbuch als Eigentümer
eingetragen war. Es kommt aber gemäss § 2 Absatz 2 VermG nicht darauf an, ob
Prinz WoJrad im Grundbuch als Eigentümer eingetragen war, sondern ob er tatsächlich
Eigentum erworben hatte. Eigentum wird durch Auflassung und Eintragung oder
durch Rechtsnachfolge oder per Gesetz bzw. durch gerichtliche Entscheidung
erworben.
Ein Eigentumserwerb (z.B. per gerichtlicher Entscheidung
bzw. per Einigung) von WoIrad kann jedoch nicht festgestellt werden. Die
Grundbuchberichtungsersuchen des OLG Celle bewirkten keinen konstitutiven
Eigentumserwerb. Der anlässlich
der Einigung in Betracht kommende Beschluss des OLG Celle vom 05.01.1940 war mit
der sofortigen Beschwerde angegriffen, über diese hatte das Oberste
Fideikommissgericht jedoch nícht mehr entscheiden können. Eine Einigung der
Erben fand mithin bís zum 07.09.1945 (dem Tag der Enteignung) nicht statt. Im Übrigen
haben sich die Erben von Fürst Adolf am 05.01.1940 auch nicht über den
Eigentumsübergang geeinigt. Das OLG Celle führt auf Seite 22 sus: Nur eine auf
§ 25 FidEttG gestützte rechtskräftige Entscheidung des Fideikommiss-Senats hätte
mit bindender Wirkung für die am Auflösungsverfahren Beteiligten (und damit
auch für Heinrich, dem Vater von D H) die Zugehörigkeit der Vermögensgegenstände
zum Hausvermögen bindend dem Grunde nach feststellen können. Eme solche
Heinrich und seine Erben bindende Grundentscheidung war aber nicht getroffen
worden.
Das Eigentum ¡st auch nicht im Zuge der Fideikommissauflösung per Gesetz
auf Wolrad Prinz zu Schaumburg-Lippe übergegangen, da die Güter im Zeitpunkt
des Todes von Fürst Adolí sachenrechtlich nicht im Eigentum des Fürstlichen
Hauses Schaumburg-Lippe standen. Fürst Adolf hatte die beantragten Vermögenswerte
dem Fürstlichen Haus Schaumburg-Lippe weder 1923 noch in der Folge
sachenrechtllch übereignet. Ohne lehnherrliche Zustimmung war Fürst Adolf nicht
befugt, Lehngüter der juristischen Person Fürstliches Haus Schaumburg-Lippe zu
übereignen. Entgegen der Ansicht des OLG Celle, welches von einem
Eigentumsübergang ausserhalb der Grundbuches ausgeht, ist nach Auffassung des
Landesamtes die Rechtslage in Mecklenburg seitens der damaligen Hofkammer im
Schreíben vom 20.06.1941 zutreffend mitgeteilt worden. Nach dem Lehnrecht in
Mecklenburg ist für den materiellen Eigentumsübergang ausschlieIlich der Akt
der Belehnung massgebend. Diese Belehnung des Fürstlichen Hauses ist seinerzeit
beim Mecklenburgischen Staatsministerium nicht beantragt worden.
Das Landesamt schliesst sich vielmehr der (zum Gut Gülzow ausdrücklich) geäusserten
Rechtsauffassung des damailgen Mecklenburgischen Staatsministeriums an, dass
das Eigentum von Fürst Adolf an den beantragten Gütern zum Zeitpunkt seines
Todes sachenrechtlich Privatvermögen und nicht Fideikommiss war. Hinsichtlich
dieser Lehngüter war ohne lehnherrliche Zustimmung Fürst Adolf nicht befugt,
Lehngüter einem Hausvermögen als Sondervermögen zuzuweisen. Hausvermögen wurde
zumindest in Mecklenburg nicht als Fideikommiss betrachtet; sogar in der Auflösungsgesetzgebung
wurde zwischen Fideikommissen und Hausvermögen begrifflich unterschieden.
Die Richtigkeit der damaligen Rechtsauffassung in Mecklenburg wird dadurch
bestätigt, dass Testamentsvollstrecker nach Fürst Adolf Güter verkauft und
aufgelassen hatten. Insbesondere ist hier auf das 1939 verkaufte Gut Gülzow
hinzuweisen. Für die Rechtsauffassung von freiem Eigentum spricht ferner, dass
sich z.B. Wolrad Prinz zu Schaumburg - Lippe 1935 den Ankauf eines
Miteigentumsbruchteils an dem Lehensgut Boldebuck hatte im Grundbuch vormerken
Iassen. Mithin war nicht nur GüIzow, sondern auch die anderen Güter
ungebundenes Lehneigentum.
Prinz WoIrad ist auch nicht Eigentümer der Güter aufgrund Lehnsfolge
geworden. Zwar wurde aufgrund des Hinweises des Mecklenburgischen
Staatsministeriums vom 04.06.1941 über die Ungebundenheit der Güter in
Mecklenburg 1941/1942 um Lehnsherrllche-Anerkennung von Prinz Wolrad ersucht.
Die Lehnsherrliche Anerkennung wurde ím Zusammenhang mit der entgeltlichen Ablösung
des Obereigentums auch erteilt. Sie bewirkte aber keinen konstitutiven
Eigentumserwerb seitens Prinz Wolrad; da eine Auseinandersetzung der Lehnserben
nicht stattgefunden hatte. So hatte Prinz Wolrad nach dem Tode seines Vaters
Fürst Georg 1911 zugunsten seines Bruders und testamentarischen Alleinerben
Fürst Adolf auf seine Rechte an, den Lehngüter in Meckfenburg verzichten
müssen; gleiches hätten nach dem Tode von Fürst Adolf 1936 die Brüder zugunsten
von Prinz WoIrad erkären müssen. Der Lehnsherrlichen Anerkennung vom 04.06.1941
liegt ein solcher Verzicht aber nicht zugrunde.
Entgegen der Ansicht des Antragstellers ist die Vermutung des § 891 BGB
widerlegt. Prinz Wolrad hatte im mafgebIichen Schädigungszeitpunkt (Enteignung im
Zuge der Badenreform) (Allein)Eigentum an den Gütern nicht wirksam erworben.
Der Antrag ist daher hinsichtlich der Güter in Mecktenburg abzulehnen.
Da der Antragsteller lediglich seine Rechte von Prinz WoIrad als
Alleineigentümer abIeitet, also nicht von der (Lehens) Erbengemeinschaft nach
Fürst Adolf, kommt es auf die Frage, ob Leistungen nach dem
Ausgleichsleistungsgesetz gemäss § 1 Absatz 4 AusglLeistG nicht gewährt werden
können, nicht an.
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