Donnerstag, 6. Mai 2021

Forschungslinie Fideikommisse aufnehmen !

Zwar ist es eine sehr schwierige juristische Materie doch sollten Historiker zum Verständnis wichtiger Motive  für eine Kollaboration seitens weiter Teile des Hochadels mit der Naziführung das Thema Fideikommiss unter die Lupe nehmen und nicht ausblenden.

Das nationalsozialistische Fidekommisserlöschensrecht beschleunigte und vereinheitlichte das Auflösungsverfahren für gebundene Vermögen. Die Kompetenzen gingen an das Reichsjustizministerium, der Stichtag der Freiwerdung des gebundenen Vermögens als befreites Privateigentum in der Hand des "Oberhaupts" wurde auf den 1 Januar 1939 angesetzt.

Diese sehr "wohlwollende" Gesetzgebung hatte einen Preis: Treue und  Kollaboration als vorbildliche  Nationalsozialisten.



                                                          Ralf Husemann in der Süddeutschen Zeitung vom 5. März 2007 (Rubrik Politische Bücher:


Geschäft auf Gegenseitigkeit

Schaumburg-Lippe und die Nazis

Dies ist kein Buch, sondern ein Steinbruch. Wer sich aber durch das Geröll der endlos langen Dokumente, Briefe, Listen und Fragen des Autors („War ich nun auf der richtigen Spur?”) durchgearbeitet hat, der kann sogar einigen Erkenntniswert gewinnen. Alexander vom Hofe, ein Großneffe von Adolf von Schaumburg-Lippe, des letzten fürstlichen Herrschers dieses noch bis 1946 bestehenden norddeutschen Mini-Staates, hat sich seine Familie vorgenommen – und die hat es wahrlich in sich. Der Großonkel kam 1936 unter bis heute ungeklärten Umständen mit seiner Frau in Mexiko bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. Drei Brüder des Fürsten arrangierten sich mit den Nazis (Friedrich Christian brachte es gar zum Adjutanten von Goebbels). Doch der vierte (Heinrich), der Großvater des Autors, hatte nicht nur mit den Nazis nichts am Hut, er gehörte auch noch einer (alsbald verbotenen) Freimaurer-Loge an.

Im Zentrum dieses Buches steht Prinz Wolrad, der nach dem mysteriösen Tod seines Bruders alles tat, um als neues „Oberhaupt” der Fürstenfamilie dessen Gesamtbesitz an sich zu reißen. Der Autor versucht nun nachzuweisen, dass die anderen Brüder (und damit auch sein Großvater Heinrich) um ihr Erbe betrogen wurden. Dem Rechtsanwalt Alexander von Hofe geht es aber um Grundsätzlicheres. Er sieht die Kumpanei der Familie mit den Nazis als Geschäft auf Gegenseitigkeit. Das Haus Schaumburg-Lippe behielt im Wesentlichen seine riesigen Besitztümer, auf denen dafür zum Teil kriegswichtige Produktionsstätten und Zwangsarbeiterlager eingerichtet wurden. 37 in einem Steinbruch ermordete Zwangsarbeiter sind namentlich bekannt, die tatsächliche Anzahl der Getöteten liegt vermutlich noch weit darüber. Eher niedere Chargen mussten sich später dafür rechtfertigen, gegen den blaublütigen Besitzer wurde aber nichts unternommen. Ein interessanter Nebenaspekt ist die Frage, ob der Verkauf des Bonner Palais Schaumburg, des späteren Dienstsitzes des Bundeskanzlers an die Wehrmacht rechtlich einwandfrei war. Ein anderes Thema sind die staatlichen Archive, die den Autor bei seinen Recherchen immer wieder abzuwimmeln versuchten. Das Thema ist offensichtlich noch brisant. (Zitatende)


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen